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Großblumige Königskerze, Wollblume, Scrophulariaceae.

Name:

Verbáscum thapsifórme Schrader (V. thapsus Koch). Großblumige Königskerze. Französisch: Molène, bonhomme; englisch: Mullein; italienisch: Verbasco, tassobarbasso; dänisch: Kongelys; litauisch: Tubé; norwegisch: Kongelys; polnisch: Dziewanna; russisch: Korowiak, carskij skipietr; schwedisch: Kungsljus; tschechisch: Divizna velkokvětá; ungarisch: ökörfarkkóró.

Verbreitungsgebiet

Mittel-, Ost-und Südeuropa, Kleinasien, Nordafrika und Athiopien.

Namensursprung:

Der Name der Pflanze wird einerseits abgeleitet vom lateinischen „barbascum“, barba = Bart, andererseits vom griechischen θψος (thapsos) oder „thapsia“, worunter die alten Griechen eine zum Gelbfärben benutzte Doldenpflanze verstanden. Den Namen Königskerze erklärt Brunfels (1532) dahin, daß die mit Teer oder Pech bestrichene Pflanze wie eine Fackel brenne.

Volkstümliche Bezeichnungen:

Königskerze (auch volkstümlich), Frauakerza (Schwäbische Alb), Himmelskerze (Allgäu), Stalkerz (Niederrhein), Himmelbrand (bayrisch-österreichisch). Auch mit dem Schwanz von Katze und Hammel wird der Blütenstand verglichen: Kattensteert (Schleswig), Kattenswans (nordwestliches Deutschland), großer Hammelschwanz (Nassau). Nach der wolligen Beschaffenheit der Blätter und des Stengels heißt die Pflanze auch: Wullich (Westfalen), Wolle, Wollstange (Eifel), Wullabloma, -kerza (Schwäbische Alb), Wüllebluem (Elsaß), Wulle(n)-Bluem, -blüemli, -Chrut (Schweiz). In manchen Gegenden, besonders im südwestlichen Deutschland, glaubt das Volk, daß das Abreißen und Nachhausetragen einer Königskerze ein Gewitter („Wetter“) herbeiziehe, daher Donnerkerze (Aachener Land), Wetterkerza (Schwaben).

Botanisches:

Die Großblumige Königskerze ist eine zweijährige Staude. Aus spindelförmiger, ästiger, weißer Pfahlwurzel erhebt sich der aufrechte Stengel bis zu 2 m Höhe und mehr. Er ist gewöhnlich nicht verästelt, stielrund und durch die bis zum nächsten Blatt herablaufenden Blätter geflügelt. Die Blätter sind länglich elliptisch, mehr oder weniger zugespitzt und dichtfilzig behaart, so daß sie gelblich- oder weißlichgrün erscheinen. Die Blüten stehen in Ährenähnlich angeordneten Knäueln. Die gelbe Krone, deren Saum flach oder fast flach ist, erreicht einen Durchmesser von 30-35 mm. Der Kelch ist dichtfilzig. Von den fünf Staubgefäßen sind drei kürzer und weißwollig, zwei länger und kahl. Die zwei längeren Staubfäden sind eineinhalbbis zweimal länger als ihre lang herablaufenden Staubbeutel. (Bei dem nahe verwandten V. thapsus sind die zwei längeren Staubfäden drei- bis viermal so lang wie die kurz herablaufenden Staubbeutel.) Die Haare der Staubgefäße enthalten Zucker und andere Nährstoffe als Anlockungsmittel für die Blütenbesucher. Die Pflanze liebt Sand oder sandigen Lehm und kommt an Wegrändern, wüsten Plätzen, auf Hügeln und an sandigen Ufern vor. In Nordwestdeutschland fehlt die Art. Blütezeit: Juli bis September.

Die Samen der Kleinblumigen Königskerze (V. thapsus) werden vom Volke zum Betäuben der Fische verwendet.

Geschichtliches und Allgemeines:

Die Hippokratiker fanden die Anwendung von Verbascumarten in Form schleimiger Gemische zur Wundbehandlung in der griechischen Volksmedizin vor. Aristoteles beschreibt den Fischfang mit Hilfe von Verbascum. Die Verben plomizein und phlomonein für diese Tätigkeit bezeichnen deutlich ihre Verbreitung zu dieser Zeit.

Unter den Pflanzen, die Dioskurides mit „phlomos“ bezeichnet, dürften wohl Verbascumarten zu verstehen sein, jedoch läßt es sich nicht feststellen, um welche der vielen Arten es sich handelt. Nach Dioskurides und Plinius soll die „phlomos“-Wurzel gut gegen Durchfall, innere Zerreißungen, Krämpfe, Quetschungen, Zahnschmerzen und chronischen Husten sein, die Blätter würden bei Augenschmerzen und eiterigen Geschwüren aufgelegt. Die Verwendung der Blüten wird nicht erwähnt. Auch in der gallischen Volksmedizin ist die Königskerze wahrscheinlich verwandt worden. Nach Marcellus Empiricus bildete die Pflanze „phlomos“ mit rumex, ibiscus, cyclamen und myrrha zusammen ein Mittel gegen Podagra.

Die Esten schätzen Verbascum sehr und gebrauchen seine Blüten, mit Milchrahm zu einer Salbe gekocht, gegen Ausschläge aller Art, in Butter geknetet wird sie für den Winter aufbewahrt und den Kindern bei Husten gegeben. Auch in Rußland fanden die Verbascumarten eine sehr ausgedehnte Verwendung. – Eine so auffällige Pflanze wie die Königskerze muß die Aufmerksamkeit des Volkes auf sich lenken, daher findet man sie vielfach mit abergläubischen Gebräuchen verknüpft. In Bayern glaubt man mit dem Himmelsbrand (Königskerze) Krankheiten zu heilen, indem man sich mit Weihwasser besprengt, das Kreuz über den leidenden Teil macht und spricht:

„Unsere liebe Frau geht über Land,

Sie trägt den Himmelbrand in ihrer Hand.“

In Deutschland hat 1754 Jacobus Risler (Straßburg) dem Verbascum eine Monographie gewidmet. Später ist dann die Kenntnis der Pflanze und ihrer Wirkungen im wesentlichen von Kneipp gefördert worden.

Wirkung

Schon von der hl. Hildegard und Paracelsus erwähnt, wird das Wollkraut von Lonicerus als Expektorans, Herz- und Fiebermittel, innerlich und äußerlich gegen Geschwülste aller Art, zum lokalen Gebrauch bei Wunden, Brandschäden, Räude, Tränenfluß und in Form des Öles als Haarwuchsmittel gerühmt.

Matthiolus verordnet es außerdem gegen Diarrhöe, Leibschmerzen, innerliche Verletzungen und Geschwüre, äußerlich gegen Podagra, Grind und Warzen, die Wurzel gegen Hämorrhoiden.

Flores Verbasci bilden einen Bestandteil der offizinellen Species pectorales und werden im Volke häufig bei Lungenkatarrhen angewandt, außerdem aber auch bei Dysenterie, rheumatischen Beschwerden und Menostase gebraucht.

Über die Verwendung in der tschechischen Volksmedizin gibt folgende mir von Dostál zur Verfügung gestellte Zusammenstellung Auskunft:

Die Blüten braucht man als Infus bei Tuberkulose und Krämpfen (1). Die Wurzeln gelten als Blutreinigungsmittel (1). Aus den Blüten wird eine Wundsalbe bereitet. Der Blüten- oder Blättersaft soll Warzen vertreiben und Podagra heilen. Ein Aufguß aus den Blüten wird als ein schweißtreibendes Mittel (2) und gegen Halsweh getrunken (3), äußerlich gegen Hämorrhoiden gebraucht (4).

Literatur: (1) Kostal, 1901, 40; (2) Hajny, 40; (3) Kucera, lid. leceni na veletinsku (CL. XVI. 367); (4) Vluka, Slez. apat. (CL. VIII. 53).

Jencken fand, daß der Verbascum-Tinktur stark diuretische Wirkung zukomme und empfahl ihre Verordnung bei choleraähnlichen Erkrankungen.

Quinlan empfahl die frischen Blüten von Verbascum thapsus in Milch gekocht als heilsam bei Lungentuberkulose.

Leclerc sah gute Erfolge mit ihnen bei Bronchialkatarrhen.

In der Homöopathie wird Verbascum bei Supra- und Infraorbitalneuralgie mit Stirnhöhlenkatarrh und hohlem Husten, ferner bei Blasenreizung und Magenkatarrh mit Verstopfung gebraucht.

Die Wirkung der Droge beruht im wesentlichen auf ihren Gehalt an Schleim, ätherischem Öl und – schwach hämolytisch wirkenden – Saponinen.

Vor allem hat Mattheides gezeigt, daß der Zusatz von 10% Flores Verbasci zu den Species pectorales nicht nur kosmetische Bedeutung hat. Er isolierte drei Saponinfraktionen und zeigte, daß auch den Geninen derselben noch typische Saponinwirkungen zukommen.

Bei Untersuchungen über Toxingehalt wurden in Verbascum thapsiforme große Mengen von ausfällbarem Eiweiß von mittlerer Giftigkeit gefunden. Hinsichtlich der Erhaltung der Fermente in Zubereitungen aus Verbascum wurde festgestellt, daß Peroxydase im „Teep“-Präparat gut erhalten war, während sie in der homöopathischen Tinktur nicht mit Sicherheit nachweisbar war.

Anwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Innerlich als schmerzstillendes Mittel, bei Husten und Diarrhöe; äußerlich bei Augenkrankheiten und Hämorrhoiden.

Litauen: Blüten und junge Blätter als Aufguß bei Hämorrhoiden, trockenem Husten, verschiedenen Lungen- und Magenleiden.

Norwegen: Das Dekokt der Wurzel oder das Infus der Blüten innerlich bei Lungenkrankheiten, äußerlich bei Krätze (I. R.-K.).

Ungarn: Bei Darmruhr als Stopfmittel.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Flores Verbasci thapsiformis werden gern als Expektorans verordnet bei allen Erkrankungen der Atmungsorgane, wie Husten, Pertussis (mit Drosera und Cuprum acet.), Bronchitis, Lungenkatarrh, Brust- und Lungenverschleimung, Tbc. pulmonum, Hämoptoe, Laryngitis, Pharyngitis, Heiserkeit, Atemnot, Asthma und starkem Schnupfen mit Tränenfluß.

Sehr gut wirkt die Tinktur äußerlich bei Erkältungskrankheiten, insbesondere Gesichtsschmerzen nach Erkältung (im Wechsel mit Aconitum) und Grippe, bei Neuralgien, speziell Trigeminusneuralgie (hier als Wechselmittel Gelsemium „Teep“).

Bei Hämorrhoidalleiden ist der Gebrauch der Wurzel dem der ganzen Pflanze oder der Blüten vorzuziehen. Bei Ohrenschmerzen, Schwerhörigkeit, Tinnitus, verhärteten Ohrenschmalzpfropfen und beginnender Otitis media kann die wäßrig-schleimige Ausschwitzung der Blüten (das diesbezügliche Präparat heißt Mulleinol), lokal angewandt, von gutem Nutzen sein. Althaea, Farfara, Liquiritia, Plantago lanceolata und Malva silvestris werden häufig im Teegemisch mit Verbascum gegeben.

Angewandter Pflanzenteil:

Hildegard von Bingen spricht vom Wollkraut und vom Wollblumensaft.

Bei Matthiolus finden sich Angaben über die Verwendung von Kraut, Blumen und Wurzel.

Lonicerus nennt die Wirkung von Blättern und Blüten. Schulz erwähnt diese ebenfalls.

Wasicky führt nur die Blüten an, ebenso Thoms, während Hager Wollblumenblüten und Wollblumenkraut nennt.

Nach dem HAB. soll zur Bereitung der Essenz das frische, zu Beginn der Blüte gesammelte Kraut benutzt werden (§ 1).

Ein „Teep“ wird aus den frischen Blüten, „Teep“ Verbasci e flor., ein zweites aus der frischen Wurzel, „Teep“ Verbasci e radice, hergestellt.

Sammelzeit: Juli bis August.

Flores Verbasci sind offizinell in Deutschland, Österreich, in der Schweiz, in Frankreich, Dänemark, Belgien, Rußland, Jugoslawien und Rumänien.

Dosierung:

Übliche Dosis:

1 Teelöffel der Tinktur (Wittlich);

1 Teelöffel voll (= 1,1 g) der Blüten zum kalten Auszug täglich.

1/2 Teelöffel „Teep“ Verbasci e floribus mehrmals täglich.

1-2 Tabletten „Teep“ Verbasci e radice dreimal täglich.

(Die beiden „Teep“-Sorten sind auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Bei Reiz- und Kitzelhusten (nach Ulrich):

Rp.:

Flor. Verbasci (= Wollblumen)

Hb. Althaeae (= Eibischkraut)

Rad. Liquiritiae aa 25,0 (= Süßholzwurzel)

M.f. species.

D.s.: 3 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.

Rezepturpreis ad chart. etwa 1.41 RM.

Bei entzündlichen Erkrankungen der Bronchien und Lunge (nach M. Müller):

Rp.:

Flor. Verbasci 40,0 (= Wollblumen)

Fol. Farfarae (= Huflattichblätter)

Hb. Plantaginis lanceolatae aa 30,0 (= Spitzwegerichkraut)

M.f. species.

D.s.: 2 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.

Rezepturpreis ad chart. etwa 1.79 RM.

Bei Ohrenleiden äußerlich:

Rp.:

Mulleinol O.P. (= Succ. fermentatus e flor. Verbasci thapsiform.)

D.s.: Nachdem man das Ohr mit lauwarmem Wasser, dem man etwas Mulleinol zusetzte, ausgespült hat, befeuchtet man einen Wattebausch mit etwas unverdünntem Mulleinol und deponiert ihn vor das Trommelfell.

O.P. 25 g 1.74 RM, 12 g -.99 RM.

Als Expektorans:

Rp.:

Flor. Verbasci thapsiform. 30,0 (= Wollblumen)

D.s.: 1 Teelöffel voll mit 2 Glas kaltem Wasser 8 Stunden ziehen lassen und tagsüber trinken.

Preis nach Arzneitaxe 10 g -.30 RM.

Bei Husten und Verschleimung der Atmungsorgane (nach Klöpfer):

Rp.:

Flor. Verbasci (= Wollblumen)

Flor. Malvae aa 30,0 (= Malvenblüten)

M.f. species.

D.s.: 1 1/2 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.

Rezepturpreis ad chart. etwa 1.79 RM.

Species florum pectoralium (Belg):

Rp.:

Flor. Althaeae (= Eibischblüten)

Flor. Malvae silvestris (= Blüten der Wilden Malve)

Flor. Gnaphalii (= Blüten der Sandstrohblume)

Flor. Verbasci aa 10,0 (= Wollblumen)

M.f. species.

D.s.: 2 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.

Rezepturpreis ad chart. etwa 1.08 RM.

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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938

Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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