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Paternoster-Erbsen, Jequirity-Samen, Leguminosae.

Name:

ábrus precatórius L. Paternostererbse, Abrusbohne. Französisch: Liane à réglisse, réglisse d’Amérique; englisch: Indian Liquorice; dänisch: Paternoster-ärter: polnisch: Modligroszek; russisch: Molitwiennyje boby; ungarisch: Soterek obecný.

Verbreitungsgebiet

Weiteres Vorkommen: Tropische und subtropische Länder (Westindien. Brasilien, Afrika usw.).

Namensursprung:

Abrus kommt vom griechischen άßρς (abros) = zart, zierlich; precatorius ist vom lateinischen precari = beten, in bezug auf die Verwendung der Samen zu Rosenkränzen, abgeleitet. Die deutschen Namen nehmen ebenfalls auf diese Verwendung der Samen Bezug.

Botanisches:

Die Paternostererbse ist ein kleiner Strauch. Die Wurzel ist lang und verzweigt. Der schlanke, runde und verzweigte Stengel ist mit brauner Rinde bedeckt. Die Blätter sind kurzgestielt, unpaarig gefiedert und werden von Blättchenpaaren gebildet. Die 12-20 mm langen Blättchen tragen an dem etwas ausgerandeten oberen Ende eine kleine Stachelspitze. Die kleinen, kurzgestielten rosenroten Schmetterlingsblüten stehen in langgestielten Trauben. Aus ihnen entwickelt sich eine kurzgeschnäbelte, zusammengedrückte Hülse von etwas mehr als 3 cm Länge, die vier bis sechs Samen enthält. Diese sind kugelig-eiförmig, 6-7 mm lang, mit harter Samenschale, die lebhaft scharlachrot gefärbt ist und deren einer Pol einen schwarzen Fleck trägt. Die glycyrrhizinhaltigen Wurzeln sind als amerikanisches oder indisches Süßholz bekannt. Die ursprünglich in Ostindien beheimatete Pflanze ist gegenwärtig in fast allen Tropenländern verbreitet.

Geschichtliches und Allgemeines:

Die Pflanze wird schon in den medizinischen Schriften des Sanskrit von Susruta erwähnt, woraus man schließen kann, daß sie in Indien schon sehr lange in Gebrauch ist. Die Ähnlichkeit der Wurzel mit der des Süßholzes ist durch Sloane (1700) nachgewiesen worden, welcher die Pflanze mit Phaseolus glyzyrrhitis bezeichnete. Als Ersatz für Süßholz ist die Wurzel in fast allen Tropenländern gebraucht worden. Nach Mooden Sheriff (Supplement to the Pharmacopoeia of India, Madras, 1869) ist allerdings der Zuckergehalt recht gering und erst von einem gewissen Alter an wahrnehmbar. Ihre Einführung in die „Bengal Pharmacopoeia“ erfolgte 1844 und in die „Pharmacopoeia of India“ 1868.

Die Samen sind bekannt durch ihren Glanz und die schönen roten und schwarzen Farben. Sie werden zu allerlei Schmuck, z. B. Halsketten in Vorderindien, und zu Rosenkränzen verwandt. In frischem Zustande verdunsten sie ein ätherisches Öl, das in der Haut Antitoxinbildung hervorruft und charakteristisch immunisierenden Schutz (vgl. Wirkung) verleiht. Die Samen verlieren beim Lagern das ätherische Öl. Ältere Bohnen sind darum weniger wirksam. Die Anwendung der Samen, das heißt das In-der-Hand-halten als Rosenkranzperlen hat eine heilerische Grundlage. In Indien werden sie als Gewichtseinheit (Pati) von den Juwelieren und Drogisten gebraucht. Auch werden sie im Milchsaft von Calotropis gigantea erweicht, zerdrückt und zu Nadeln geformt, mit denen tödliche Wunden beigebracht werden können. Die Samen wurden 1882 durch den Pariser Augenarzt Wecker in die augenärztliche Therapie eingeführt.

Wirkung

In Indien findet der Jequirity-Same als Aphrodisiakum Verwendung, und eine daraus hergestellte Paste wird zum Töten von Vieh benützt.

Die englische Medizin läßt eine Paste aus dem pulverisierten Samen bei Lupus, bei tuberkulösen und syphilitischen Ulzerationen applizieren.

Zu therapeutischen Zwecken viel benützt wurde die auffallende Eigenschaft der Jequiritysamen, beim Einbringen ins Auge eitrige und kruppöse Konjunktivitis hervorzurufen, durch welche die alten Granulationen bei Trachom und Hornhautflecken zerstört werden; auch Epitheliome der Lider sollen günstig beeinflußt werden. Bei einer solchen Behandlung ist selbstverständlich größte Vorsicht nötig, weil nicht selten heftige Nebenwirkungen, wie Diphtherie der Konjunktiva, Hornhauttrübungen, ja sogar Verlust beider Augen infolge Phthisis bulbi, ferner Dacriocystitis, Periostitis der Nasen- und Tränenbeine, Symblepharon, Exophthalmus, akuter Glaukomanfall, Lidabszeß oder Hypertrophie der oberen Lider, Erythema faciei und Erysipel beobachtet wurden.

Die als „Jequirity-Ophthalmie“ bezeichnete Konjunktivitis ist eine sekundäre Entzündung und beruht auf einer durch das in Abrus prec. enthaltene Toxalbumin Abrin verursachten Gerinnung in den Gefäßen der Bindehaut. Diese die roten Blutkörperchen agglutinierende Wirkung (Thrombenbildung) ist die hervorstechendste Eigenschaft des Abrins, das außerdem an der Applikationsstelle Indurationen hervorruft und spezifisch auf den Haarboden wirkt, wobei es Haarausfall erzeugt.

Wird dagegen Abrin längere Zeit in kleinen Dosen parenteral verabreicht, dann ist es imstande, im Blut eine die Gerinnung hemmende Substanz mit immunisierender Wirkung zu bilden, das Antiabrin. Ehrlich gelang es, Versuchstieren, die einige Wochen systematisch mit Abrin gefüttert worden waren, einen dicken Abrinbrei in den Konjunktivalsack einzustreichen, ohne daß sich eine Reaktion zeigte. Es wurde eine Immunität gegen die 400fache tödliche Dosis erzielt.

Die experimentelle – angeblich streng spezifische – Abrin-Immunität der Mäuse wird durch die Milch auch auf die Jungen übertragen.

Die auch emetisch, anthelmintisch und diaphoretisch wirkenden Abrussamen enthalten außer Abrin u. a. ein tetanisierendes kristallinisches Glykosid, die giftigen Eiweißkörper Globulin und Albumose, fettspaltendes Enzym, Abrin und Abrussäure sowie Hämagglutinin.

Bei der innerlichen versuchsweisen Darreichung der Samen-Verreibungen vertrugen nach meiner Beobachtung 6 Prüflinge die 1%ige Verreibung (3 Tabletten zu 0,25 g) ohne jede Beschwerden. Beim Einnehmen der 10%igen Verreibung in Dosen bis zu 1 g zeigten sich bei 3 von 6 Prüflingen je einmal Brennen im Halse, einmal Übelkeit und einmal pelzige Zunge.

Harmlos scheinen die Blätter und Blattstielchen zu sein. Nach Kloppenburg-Versteegh läßt man solche Blätter mit den Stielchen in Indien bei innerlichem Fieber essen. Als Teeaufguß werden bis 2 Unzen (60 g) auf 1/2-1 Liter Wasser zur Hälfte eingekocht mit Zucker als tägliches Getränk bei unregelmäßigem Stuhlgang und Hämorrhoidalleiden gegeben. Man wendet solche Aufgüsse auch bei Mundfäule, gastrischem Fieber, bei Husten der Kinder vor dem Schlafengehen und bei trockenem Husten als schleimlösendes Mittel an.

Die Blätter enthalten neben Abrin: Glycyrrhizin, das sich auch in der Wurzel, der sogen. „Indischen Liquiritia“ findet.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Die Anwendung von Abrus precatorius hat sich bei Trachom, sowohl bei vernarbten Fällen mit Pannus, als auch in frischen Fällen bewährt. Römer führt eine Zubereitung, genannt „Jequiritol“, in die Praxis ein. In Deutschland ist das Mittel gelegentlich auch bei diphtherischen Augenerkrankungen äußerlich angewendet worden.

Da die Wirkung auf einem hitzeempfindlichen Toxin beruht, dürfen nur kalte Zubereitungen gebraucht werden.

Angewandter Pflanzenteil:

Zur Herstellung der in der Augenheilkunde gebräuchlichen Arzneimittel werden von jeher die Samen verwendet.

Rezepte:

Bei Conjunctivitis trachomatica (nach Marfori-Bachem):

Rp.:

Sem. Abri (Jequirity) pulv. 1,0 digere cum aqua (ad 50° C!) 50,0 Nach dem Erkalten wird filtriert.
D.s.: Tropfenweise in die Conjunctiva einträufeln.

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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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