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Pomeranze, Rutaceae.

Name:

Cítrus aurántium L., subsp. amara L. Pomeranze, Bagarade, Bittere Orange. Französisch: Bigaradier; englisch: Bitter Seville Orange; italienisch: Aranzio, Melangolo forte; dänisch: Pomerans; polnisch: Pomarancza; russisch: Apielsin; tschechisch: Oranžovník trpký; ungarisch: Narancs.

Verbreitungsgebiet

In Südeuropa, Paraguay. neuerdings in Westindien, Florida u. Australien kultiviert.

Namensursprung:

Die Ableitung des lateinischen citrus = Citronenbaum, einer Entstellung von cedruf = Zeder (griechisch χδρος) ist unsicher. Die größte Wahrscheinlichkeit besitzt die Herleitung aus einer orientalischen Sprache. Nach Tschirch wäre ein Zusammenhang mit dem indischen chitra = außerordentlich, buntgefleckt, wundervoll, das seinerzeit vielleicht aus dem chinesischen kü-kiuh abzuleiten ist, denkbar. An die Bezeichnung kü, die schon im 8. vorchristlichen Jahrhundert in China zur Benennung von Citrusarten gebräuchlich war, könnte die indische Hauptwortbezeichnung tra getreten sein, also kü-tra. Dieses Wort ist dann über das koptisch-arabische gtré in χτρος gewandelt worden, so daß der Gleichklang mit χδρος nur äußerlich ist. Aurantium geht über das arabische naranj auf das altindische nâranga = Orangenbaum zurück. Pomeranze ist zusammengezogen aus Pomum arancium.

Botanisches:

Der am Südabhang des Himalaja heimische, jetzt im Mittelmeergebiet und in anderen wärmeren Gebieten zahlreich angebaute Baum oder Strauch hat hellgrüne Schößlinge und längliche tiefgrüne, aromatisch duftende Laubblätter mit geflügelten Blattstielen. Aus den weißen, meist zwittrigen, wohlriechenden Blüten entwickeln sich kuglige Früchte mit sehr aromatischer bitterer Rinde und saurer Pulpa.

Wahrscheinlich war Citrus medica die erste Art, mit der die Mittelmeervölker in Berührung kamen und die sie in ihre Heimat einführten. Man unterscheidet 7-8 Unterarten. Die wichtigsten sind:

Citrus aurantium L. subsp. amara L. (Citrus vulgaris). Pomeranze.

Früchte meist kugelig oder etwas plattgedrückt, meist orangefarben, acht- bis zwölffächerig von sehr verschiedener Größe. Wohl die ursprünglichste Form dieser Art ist die susp. amara Engler (Pomeranze, Bigarade, Bittere Orange). Frucht kugelig, mit sehr aromatischer, bitterer Rinde und saurer Pulpa (= saftige Teile der Frucht). Wahrscheinlich heimisch am Südabhang des Himalaja, in Cochinchina, in der Erythraea und auf Sokotra.

Die schwach bitter schmeckenden Laubblätter sind als Folia Aurantii oder Folia Citri vulgaris offizinell. Die als Fructus Aurantii immaturus bezeichnete Droge besteht aus den unreif abgefallenen Früchten. Die von den reifen Früchten in Form von Quadraten oder Spiralbändern abgelöste aromatische Schicht ist als Cortex Fructus Aurantii oder richtiger Pericarpium Aurantii offizinell. Die bittere Orange wird gegenwärtig im Mittelmeergebiet sowie in allen anderen warmen Gebieten häufig angepflanzt.

Citrus nobilis Lour. (= C. Madurensis Lour.) Mandarine.

Frucht flachgedrückt – kugelig, 6-7 cm im Durchmesser, orangegelb, acht- bis zehnfächerig, Fruchtschale leicht ablösbar. Heimisch in Cochinchina oder China. Die Fruchtschalen liefern das hauptsächlich aus d-Limonen bestehende Mandarinenöl (Oleum Mandarinae). Mandarinen werden viel angebaut in den geschützten Lagen Südeuropas, namentlich im westlichen Mittelmeergebiet, sowie auf den Sundainseln und in Kalifornien.

Citrus aurantium subsp. Bergamia, Wight et Arn. Bergamotte.

Frucht glattschalig, zusammengedrückt kugelförmig bis birnenförmig, 6-8 cm im Durchmesser, gelblichgrün bis goldgelb, oft noch mit einem Griffelrest versehen, vorn deutlich zitzenförmig, acht- bis zehnfächerig. Fruchtfleisch angenehm bitterlich sauer. Heimat der Bergamotte wahrscheinlich Ostindien. Durch Pressen wird aus den frischen Fruchtschalen ein ätherisches Öl (Bergamotte-öl) gewonnen. Der Geruch ist charakteristisch, der Geschmack bitter aromatisch. Es ist als Oleum Bergamottae offizinell in der Schweiz. Anbaugebiete der Bergamotte sind Süditalien, Sizilien und Westindien.

Citrus aurantium subsp. Sinensis Gall. Apfelsine, Süße Orange.

Frucht meist kugelig, selten eiförmig oder birnenförmig. orangefarbig, sehr selten gelb oder grün, mit in der Vollreife süßer oder schwach säuerlicher Pulpa und dicht anliegender Schale. Heimat unsicher. Vielleicht ist sie aus der subsp. amara hervorgegangen. Die Apfelsine wird in größerem Maße angebaut in: Süditalien, Sizilien, in den südlicheren Randgebieten der Iberischen Halbinsel, außerdem in zunehmender Menge im französischen Nordafrika und in Palästina, außerhalb Europas noch in allen Tropenländern.

Citrus medica L. Zitrone, Medischer Apfel.

Frucht kugelförmig, eiförmig oder länglich, mit in der Regel zitzenförmigem Ende. Wahrscheinlich in Cochinchina und China heimisch. Zu den wichtigsten Formen gehört: C. medica var. vulgaris. Das abgeschälte Flavedo (äußere gelbe Schale) der Frucht liefert die Cortex Fructus Citri oder das Pericarpium Citri (Cortex limonis), die mißfarbig gelblich, schwach bitter schmeckend und fast geruchlos ist. Durch Pressen der von nicht ganz reifen Früchten stammenden Schalen wird das Oleum Citri (Oleum limonis, Zitronenöl) gewonnen. Der Saft gilt heute als ausgezeichnetes Mittel gegen Skorbut und muß deshalb nach den bestehenden Verordnungen von Schiffen auf weiten Seereisen mitgeführt werden. Hauptausfuhrländer für die Zitrone sind für Mitteleuropa: Süditalien, Sizilien und Spanien.

Geschichtliches und Allgemeines:

Da die Pomeranzen nicht nur in China, sondern auch in Numidien und Mauritanien wild wachsen, so ist es sehr wohl möglich, daß sie den alten Griechen bekannt gewesen sind, jedoch haben diese wohl in der Benennung zwischen Zitronen und Pomeranzen keinen Unterschied gemacht. Schon Hieronymus Cardanus, Antonius Nebrissensis und andere teilten diese Auffassung, nach der die berühmten Äpfel der Hesperiden ebenso gut Pomeranzen wie Zitronen gewesen sein können. Die erste sichere Erwähnung der Pomeranze finden wir bei den arabischen Ärzten des 10. Jahrhunderts, von denen Avicenna ihren Saft als Arznei angewandt haben soll. – Im 11. und 12. Jahrhundert kam der Strauch nach Europa. Das bittere Orangenblüten- und Neroliöl soll schon im 16. Jahrhundert bekannt gewesen sein. Seine Destillation ist zuerst von Porta beschrieben worden. Ungefähr ein Jahrhundert später scheint es durch die Herzogin Flavio Orseni, Prinzessin von Neroli, unter dem Namen Neroli-Essenz zum Modeparfüm geworden zu sein. Orangenblütenwasser wurde in deutschen Apothekerlaboratorien schon um die Mitte des 17. Jahrhunderts destilliert. In Indien unterscheidet man die Wirkung des Saftes von Citrus aurantium und anderen Zitronen von der der Pampelmuse. Bei Magen- und Darmfäule läßt man viel Saft von Citrus aurantium oder Zitronen trinken, warnt aber vor Pampelmusen.

Wirkung

Nach Bock kommt der Pomeranzenschale erhitzende Wirkung zu; sie soll die „zähen kalten feuchtigkeiten des Magens zertheilen und außfüren“, wie überhaupt bei allen von Erkältung herrührenden Magenbeschwerden dienlich sein.

Matthiolus gebraucht vorwiegend den Saft als durst- und hitzelöschend, herzstärkend und harntreibend, aber auch das Öl aus den Schalen nennt er „ein köstlich cordiale, in vielen Krankheiten nützlich, und gut zu gebrauchen“.

Zu Weinmanns Zeiten wurde besonders die Fruchtschale als Karminativum, Stomachikum, bei Gelbsucht, Fieber und Uterusbeschwerden angewandt.

Als nerven- und magenstärkendes, wind- und galltreibendes Mittel wird die Pomeranzenschale von v. Haller angeführt.

Hecker läßt sie hauptsächlich zur Stärkung bei Schlaffheit des Magendarmkanals und daraus entstehenden Schleimanhäufungen, Blähungen, Würmern, Ekel, Appetitlosigkeit, Gastrospasmen, Koliken und Diarrhöen anwenden, aber auch bei anderen asthenischen Krankheitsformen, Kachexien, Hydropsien, Schwindel und Hypochondrie, bei Febris intermittens und in der Rekonvaleszenz.

Von Hufeland wird die Pomeranze als kühlendes beruhigendes Mittel genannt.

In der Homöopathie wird sie gegen Kopfschmerzen mit Übelkeit, Erbrechen und Schwindel, rechtsseitige Gesichtsneuralgien, Brustbeklemmung, gestörten Schlaf und Pruritus der unteren Extremitäten gebraucht. Das in der Schale enthaltene, limonenhaltige ätherische Öl wirkt nach Clarus antispasmodisch, regt die Darmperistaltik und die Tätigkeit von Herz, Niere und Haut an.

Bei Arbeiterinnen, die dauernd damit beschäftigt waren, rief es Kopfschmerzen, Schwindel, Benommensein, auf der Haut Bläschen und Erysipel hervor.

Touton schreibt über eine schwere Hautentzündung, die nach Anwendung des Bergamotteöles aufgetreten ist. Es entstand eine bis zur Schorfbildung führende Dermatitis mit Hinterlassung einer langdauernden, braunen Pigmentierung. Auch nach Citronenöl kann eine Dermatitis auftreten.

Sellei schreibt von günstigen Resultaten in Fällen von chloasmaartigen Hyperpigmentation durch äußerliche Anwendung von Mercurpräcipitatöl und innerliche Darbietung von Zitronensaft und anderen C-Vitamine enthaltenden Obstsorten. Auf die Wirkung dieser und anderer Citrusarten soll hier nicht weiter eingegangen werden. Wichtige Angaben für die Verwendung von Zitronensaft finden sich im Kapitel „Vitamin C“.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Aurantium wird gern als bitteres Stomachikum, insbesondere bei Atonie des Gastrointestinaltraktus, Magenkrämpfen und Vomitus verordnet. Ferner ist es bei nervösen und spastischen Erscheinungen, vorzüglich wenn diese mit Störungen des Verdauungsapparates zusammenhängen, angezeigt. Man gibt es auch bei Kopfschmerzen mit Nausea, Schlafstörungen, Neurasthenie und Trigeminusneuralgie. Der Saft der Pomeranze wird wegen seines Gehaltes an Vitamin als Antiskorbutmittel gegen Blutfleckenkrankheit und als durstlöschendes Mittel bei Gallenfiebern geschätzt.

Schließlich haben Ulrich bei Menstruationskolik und Bastian bei Ovaritis und Metritis Erfolge gesehen.

Als Wechselmittel bei gastrischen Erkrankungen können Cinnamomum und Calamus gewählt werden, bei Trigeminusneuralgie ist Gelsemium angezeigt.

Angewandter Pflanzenteil:

Bock nennt die Schale.

Matthiolus verordnet den Saft, ferner das Öl aus den Schalen, das er dem destillierten Blütenwasser vorzieht.

v. Haller und Hecker empfehlen die Schalen.

Hufeland erwähnt den Saft, Geiger die unreifen Früchte, Blätter und Schalen.

Zörnig nennt die unreifen Früchte, Schalen und Blätter, letztere würden nur selten medizinisch verwendet.

Das HAB. läßt die frischen Schalen der reifen Früchte (§ 3) verwenden. Da das Öl der Blätter (Petitgrainöl) sich von dem der Schale (Bitteres Pomeranzenschalenöl) unterscheidet und die Blätter außerdem noch ein Alkaloid 1-Stachydrin enthalten, empfehle ich zur Herstellung der Arzneimittel sowohl die frischen Schalen der reifen Früchte als auch die frischen Blätter zu verwenden. Demgemäß wird auch das „Teep“ bereitet.

Folia aurantium sind offizinell in Österreich, in der Schweiz, Spanien, Portugal, Frankreich, Venezuela und Mexiko.

Cortex Aurantii ist offizinell in fast allen Ländern.

Fructus Aurantium immat. sind officinell in Deutschland, Rußland, Schweden, Norwegen und Japan.

Dosierung:

Übliche Dosis:

1,88-3,75 g (Hecker);

1-2,5 g Fruct. Aurantii immat. (Rost-Klemperer);

1 g Cort. Fr. Aurantii (Amer.);

1 Teelöffel voll (= 4,16 g) zum kalten Auszug täglich.

1 Tablette der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Als Stomachikum:

Rp.:

Cort. Fruct. Aurantii 30
D.s.: 1 Teelöffel voll mit 2 Glas kaltem Wasser 8 Stunden ziehen lassen und tagsüber trinken.

Species nervinae (nach Hufeland):

Rp.:

Fol. Aurant. (= Pomeranzenblätter)
Fol. Menth. pip. (= Pfefferminzblätter)
Rad. Valerianae (= Baldrianwurzel)
Rad. Caryophyllat.  aa  25 (= Wurzelstock der Nelkenwurz)
M.f. species.
D.s.: 1-2 Tassen täglich zu trinken.

Als Stomachikum (nach Walser):

Rp.:

Cort. Aurant. mat. 50
Cort. Aurant. immat. 25
infunde c. vino Madeirae 250
D.s.: Teelöffelweise zu geben.

Als Bittermittel (nach Meyer, mod. v. Verf.):

Rp.:

Calami Ø
Centaurii Ø
Gentianae Ø
Aurantii Ø  aa  5
M.d.s.: 20 Tropfen vor der Mahlzeit einnehmen.

Als Nervinum (nach Sell):

Rp.:

Rad. Valerianae (= Baldrianwurzel)
Fol. Aurantii  aa  10 (= Pomeranzenblätter)
Hb. Melissae 15 (= Melissenkraut)
Rad. Gentianae 5 (= Enzianwurzel)
D.s.: 1 Teelöffel voll auf 1 Glas Wasser
vgl. Zubereitung von Teemischungen

Als appetitanregendes Mittel (Brit.):

Rp.:

Cort. Aurantii conc. 25 (= Pomeranzenschalen)
Cort. Citri rec. 10 (= Frische Zitronenschalen)
Cariophyllorum 5 (= Gewürznelken)
D.s.: 1 1/2 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser
vgl. Zubereitung Teemischungen

Als Karminativum (nach Triller):

Rp.:

Tincturae Aurant. Cort. 50
Tinct. aromat.
Aquae Menthae pip. spir.  aa  20
Elaeosacchar.
Foeniculi Elaeosacchar.
Carvi  aa  5
M.d.s.: Teelöffelweise.
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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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