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Ruprechtskraut, Geraniaceae.

Name:

Geránium robertiánum L. (= G. foetidum Gilib., = G. rubellum Moench, = graveolens Stokes, = G. rupertianum Beckh., = Robertium vulgare Piccard, = Robertiella robertisanum Hanks). Ruprechtskraut, Robertskraut, Gottesgnadenbrot, Stinkender Storchschnabel, Rotlaufskraut, Bockskraut. Französisch: Herbe à Robert, herbe du Saint Robert, herbe du roi Robert, géranium robertin, bec de grue, fourchette du diable; englisch: Herb Robert, herb Robin, red shank, dragons blood; italienisch: Cicuta rossa, erba Roberta o Roberziana, erba cimicina; dänisch: Stinkende Storkenäb, Robertsurt; litauisch: Snaputis pakrūminis; polnisch: Bodziszek žurawik; russisch: Zurawielnik; schwedisch: Stinknäva; tschechisch: Kakost smrdutý, čapinúsek; ungarisch: Gólyaorr.

Verbreitungsgebiet

Weiteres Vorkommen: Miffelasiatisches Gebirge bis China, Japan und Malakka, in Afrika, südl. bis Uganda, westl. bis Kanaren, atlantisches Nordamerika. gemäßiqtes Südamerika

Namensursprung:

Als Herba Roberti oder Geranium robertianum findet sich die Pflanze schon in den Kräuterbüchern des 16. Jahrhunderts; der heilige Robert oder Ruprecht sollte ihren medizinischen Gebrauch gelehrt haben, wahrscheinlich handelt es sich jedoch um eine Umdeutung von herba rubra in bezug auf die rote Farbe der Stengel und Blüten. Außer dem heiligen Robert gilt sie auch wegen der blutroten Farbe der heiligen Agathe oder Katharina geweiht.

Der schon bei Dioskurides gebrauchte Name Geranium wird vom griechischen γερνιον (geránion), Diminutiv von γρανος (géranos) = Kranich wegen der Form der Frucht abgeleitet.

Volkstümliche Bezeichnungen:

Die Frucht der Geraniumarten wird allgemein mit einem Storchschnabel verglichen: Adebärssnavel von niederdeutsch Adebar = Storch (Mecklenburg), öwerschnapp von öwer = Adebar (Niederrhein), Storken-, Horken-, Örkenschnabel (Eifel), Stůrchschnåbel (Nordböhmen), Stor(ch)eschnäbeli (Schweiz), Schnåblkraut (Niederösterreich). Nach der (vermeintlichen) großen Heilkraft nennt man die Pflanze Gottesgab (Schwäbische Alb), Gottesgnadä(-chrut), Muettergottesgnadä (Schweiz), nach der roten Farbe Rotlaufkraut (Kärnten), Rotbrischtche = Rotbrüstchen (Nahegebiet), Hahnenblume = roter Hahn! (Eifel). In Niederösterreich heilt man mit dem Kraut die Verwundungen, die der Biswurm (Bremse) den Rindern zufügt, daher Biswurmkraut. Wegen des unangenehmen (wanzenähnlichen) Geruches heißt die Art Schtinkarroashen (Krain: Gottschee), Stinkerkrut (Elsaß), Kopfwehbloama, -stenker (Schwäbische Alb), Chopfwêblüemli (Schweiz), Wanzenkraut (Riesengebirge, Böhmerwald), Wanze(n)krut (Elsaß). Andere Namen sind noch Stiergräschen (Nahegebiet), Schlüsselkraut (Schwäbische Alb), Kremplkraut (Kärnten).

Botanisches:

Das Ruprechtskraut ist durch seinen unangenehmen Bocks- oder Wanzengeruch gut charakterisiert. Es ist ein einjähriges oder einjährig überwinterndes Kraut, dessen meist rot überlaufene, stark verästelte Stengel bis zu 40 cm hoch werden. Sie sind mit weichen, abstehenden Drüsenhaaren dicht besetzt. Auch die Blätter zeigen eine solche Behaarung. Blattstiele, Blattrippen und Blattränder sind ebenfalls oft rot gefärbt. Die Blätter sind drei- bis fünfspaltig mit gestielten, doppelt fiederspaltigen Blättchen. Die Blütenstiele sind zweiblütig und neigen sich nach dem Verblühen abwärts. Der Kelch besteht aus fünf lanzettlichen, begrannten, dreinervigen Kelchblättern, die auch nach dem Verblühen erhalten bleiben. die fünf spatelförmigen rosa gefärbten Kronenblätter tragen drei weißliche Nerven. Die Staubgefäße stehen in zwei fünfgliedrigen Kreisen. Auch der Stempel ist fünfteilig. Der pfriemenförmige Griffel überragt die Staubgefäße und trägt fünf zurückgekrümmte Narben. Er verlängert sich bei der Reife zu dem „Storchschnabel“. Die fünf Teilfrüchtchen lösen sich an der Basis von der Mittelsäule ab. Die Pflanze ist fast auf der ganzen Erde verbreitet. In feuchten Wäldern, Gebüschen, an Zäunen und Hecken, in Mauerspalten und auf Steinhaufen ist das Ruprechtskraut überall nicht selten. Es blüht vom Mai bis in den Herbst.

Geschichtliches und Allgemeines:

In der Literatur des griechischen Altertums werden verschiedene Geraniumarten erwähnt, die aber wohl kaum mit unserer Art identisch sind. Dagegen finden wir unser Ruprechtskraut in der Physika der hl. Hildegard, daneben führt sie allerdings noch getrennt einen Storchenschnabel und einen Kranichschnabel auf. Die Botaniker des späteren Mittelalters sind sich alle über die große Heilwirkung der Pflanze einig. So rühmen W. Rvffius (1573) und Matthiolus (1563) sie als Heilmittel für alle Geschwüre und Wunden. Von dem innerlichen Gebrauch des aus dem Rupprechtskraut destillierten Wassers schreiben Tabernaemontanus – Bauhinus (1731): „Täglich dreymal / jedesmal vier oder fünff Loth getruncken / zertheilet das gerunnen Blut im Leib von Fallen oder Stossen / und führet es aus. Gottesgenadwasser obgemeldter massen getruncken / treibet gewaltig den Harn / führet auss Griess / Sand und den Lendenstein / reiniget die Harngäng / und vertreibet den Schmertzen der Nieren und Lenden.“ Weitere Anwendungsarten waren äußerlich gegen Entzündungen der Bindehäute, Rotlauf, Gesichtsschmerzen, Zahn- und Halsweh, innerlich gegen Fieber, Gicht, Nieren- und Blasenleiden. Gegen Nierenleiden und Gicht wurde besonders ein im Mai und Juni gewonnenes Destillat des Krautes gerühmt. – Gepulvertes Kraut mit Polei, Rauten und mit Brot gegessen „stärcket das Hertz und machet Frewd.“

Als Heilmittel gegen Geschwülste wird die Pflanze noch jetzt, z. B. im St. Galler Rheintal, in Pfannen geröstet oder auf dem Ofen gebäht. Ferner wird sie wegen ihres üblen Geruches zum Fernhalten der Motten verwendet.

Wirkung

Hieronymus Bock rühmt Geranium als wundheilendes und geschwulstzerteilendes,

Matthiolus außerdem als adstringierendes, schmerzlinderndes und fieberwidriges Heilmittel.

Weinmann führt es ebenfalls als eins der vortrefflichsten Wundkräuter an; innerlich genommen hülfe es bei Harnverhaltung mit Lithiasis.

v. Haller schreibt, daß es „wider Mutterzustände gerühmet wird“ und als Wundkraut, seiner kühlenden Eigenschaft wegen bei Rotlauf und Entzündungen und – zerstoßen als Breiumschlag auf die Brust gelegt – zum Zerteilen der stockenden Milch dienlich sei.

Auch Osiander führt es als milchvertreibendes Mittel an.

In der Volksmedizin wird Geranium bei Durchfällen, Harnleiden und Blutungen, äußerlich bei Wunden und Geschwüren, nach Bohn dabei mit Zusatz von etwas Salz und leicht angesäuert, verwandt.

Nach Schulz (vgl.) wird Kraut und Wurzel zusammen gegen Hämaturie, Lithiasis, chronischen Bronchialkatarrh und Intermittens verordnet. Die Indianer der westlichen Gegend der nordamerikanischen Freistaaten sehen die Wurzel als bestes Mittel gegen Lues an.

Nach Barton und Castle wurde Geranium robertianum früher viel in der Tierheilkunde gegen Blutharnen und Dysenterie gebraucht.

Leclerc empfiehlt es zu Gurgelungen bei Angina.

Durch seine Drüsenhaare ruft Geranium Hautreizungen hervor.

Laut persönlicher Mitteilung sah Vollmer, Breslau, bei Geranium pratense einen Fall von Hautüberempfindlichkeit.

Es kontrahiert den Uterus und wurde deshalb von Kobert gegen Uterusblutungen empfohlen.

In Japan wird die verwandte Species Geranium nepalense Sweet, die Gerbsäure enthält, zur Bekämpfung verschiedenartiger Durchfälle angewandt.

Die vorwiegend wirksamen Bestandteile der Wurzel sind der Bitterstoff Geraniin und 19-44% Gerbstoff.

Bei Untersuchungen über Toxingehalt wurden in Geranium robertianum durchschnittliche Mengen von ausfällbarem Eiweiß von mittlerer Giftigkeit gefunden.

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Gegen Fieber und Entzündungen des Unterleibes.

Litauen: Die aus frischen Blättern mit Schweineschmalz bereitete Salbe gegen Erysipel.

Norwegen: Gegen Blutharnen des Viehes.

Polen: Der frische Saft als Blutstillungsmittel.

Ungarn: Gegen Gebärmutter- und Darmerkrankungen, Rotlauf.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Geranium robertianum wirkt adstringierend und wird in der Hauptsache bei Diarrhöe, fieberhaften Gastro-Enteritiden (hier im Wechsel mit China Oligoplex), Gastritis mit Neigung zu Geschwürbildung, chronischer Enteritis mit blutigen Stühlen, Dysenterie, Cholera infantum und bei Hämorrhagien,, besonders aus Lunge und Nase, verordnet.

Ein zweites wichtiges Angriffsgebiet des Mittels sind Dermatopathien. Hier wird Geranium robertianum vorwiegend äußerlich in Form von Einreibungen mit dem Saft, Abwaschungen und Aufschlägen angewandt bei Fisteln, fressenden Geschwüren, auch karzinomatösen, und Ulcus cruris, Tumoren, Ekzemen, Eiterungen, Rotlauf und entzündeten Brüsten. Bei nässenden Exanthemen, insbesonders Ringflechte, empfiehlt Hoffmann, Elbing, eine Teemischung von Geranium mit Equisetum und Quercus robur zu reinigenden und den Juckreiz mildernden Umschlägen. Verschiedentlich wird das Mittel auch bei Taubheit und Schwerhörigkeit genannt. So hält J. Bastian es bei Ohrenschmerzen für gut, ein zerknülltes Blatt ins Ohr zu legen. Auch Urbatis, Halle, sah Erfolge bei Schwerhörigkeit, die er als Begleiterscheinung venöser Störung vermutet.

Auflösend und zerteilend wirkt Geranium bei Rheuma, Gicht, Lithiasis, Ikterus und Drüsenverhärtungen. Schließlich wird es noch als Fiebermittel, bei Angina und bei Harnstrenge genannt.

Einheitliche Wechselmittel werden nicht aufgeführt.

Angewandter Pflanzenteil:

Alle Autoren, so Bock, Matthiolus, v. Haller, Geiger, Osiander, Mertes, Kroeber, sprechen nur vom Kraut oder nennen die frische, blühende Pflanze als verwendet.

Nach Schulz ist das Geranin vor allem in der Wurzel zu finden. Verschiedentlich wird erwähnt, daß der unangenehme Bocksgeruch der frischen Pflanze sich beim Trocknen verliere.

Das HAB. läßt die Essenz aus der frischen, blühenden Pflanze ohne Wurzel herstellen (§ 1). Das „Teep“ wird aus der frischen, blühenden Pflanze mit Wurzel hergestellt.

Dosierung:

Übliche Dosis:

2 Teelöffel voll des Krautes (= 2,6 g) zum kalten Auszug oder heißen Aufguß täglich.

1 Tablette der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Geranii.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Bei Diarrhöe und Hämorrhagien:

Rp.:

Hb. Geranii robertiani 30 (= Kraut vom Ruprechtsstorchschnabel)
D.s.: 2 Teelöffel voll mit 2 Glas Wasser kalt ansetzen, 8 Stunden ziehen lassen und tagsüber trinken.

Bei nässenden Exanthemen, insbesondere Ringflechte (nach Hoffmann):

Rp.:

Hb. Geranii robertiani (= Kraut vom Ruprechtsstorchschnabel)
Hb. Equiseti (= Schachtelhalmkraut)
Cort. Quercus roboris   aa  20 (= Stieleichenrinde)
C.m.f. species.
D.s.: Als Abkochung zu Abwaschungen oder Umschlägen zu verwenden.

Bei Hämorrhoiden als Salbe (nach Inverni):

Geraniumfluidextrakt  4
Anisfluidextrakt  2,5
Salbeifluidextrakt  5
Alkohol  40
Zimtwasser  70
S. äußerlich.

Bei Taubheit, Schwerhörigkeit, Ohrenschmerzen:

Rp.:

Geranii robert. Ø 10
D.s.: äußerlich zum Anfeuchten von Watte und Einlegen ins Ohr.

Bei Tumoren und Ulzera (nach Fischer):

Rp.:

Hb. Geranii robertiani (= Kraut vom Ruprechts-storchschnabel)
Hb. Equiseti (= Schachtelhalmkraut)
Sem. Foenugraeci   aa  25 (= Bockshornkleesamen)
M.d.s.: Zu Breiumschlägen.
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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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