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Saat-Platterbse, Leguminosae.

Name:

Láthyrus satívus L. (= L. cicera var. sativus Fiori et Paol., = L. angulatus All. non L., = Cicercula alata Moench, = C. sativa Alef., = Pisum lathyrus Krause). Saat-Platterbse, Deutsche Kicher. Französisch: Gesse, gesse cultivée ou blanche, pois carré, jarosse, cerres; englisch: Chickling vetch, mattar pea, maddar (in Indien); italienisch: Cicerchia, cicercola, cece nero, ingrassamanzo (Fleischmäster)!

Verbreitungsgebiet

Vielleicht einheimisch in Vorderasien.

Namensursprung:

Griechisch λθνρος (láthyros) ist bei Theophrast der Name einer Hülsenfrucht und soll angeblich aus griechisch λα (la) = sehr und θοΰρος (thuros) = heftig, reizend in bezug auf die Verwendung des Lathyrus sativus oder L. cicera als Aphrodisiakum entstanden sein; sativus = gesät, angebaut. Der deutsche Name Kicher ist aus dem lateinischen cicer entlehnt.

Botanisches:

Die niederliegenden oder kletternden Stengel der einjährigen Pflanze mit kräftiger Wurzel sind scharf vierkantig, an zwei Kanten geflügelt und werden 30 bis 100 cm lang. Die Blätter sind einpaarig und haben lanzettliche oder lineal-lanzettliche, sehr spitze Blättchen. Der Blattstiel ist rinnig. Er läuft in Ranken aus, die an den unteren Blättern einfach, an den oberen dreiteilig sind. Die großen Blüten stehen einzeln. Sie sind bläulich, rötlich oder weiß. Das Schiffchen ist auffällig unsymmetrisch. Die Hülse ist länglich, flach zusammengedrückt und netzig geadert. Die beilförmigen Samen sind kantig, ziemlich glatt und weißlich, rötlich, gelblich, bräunlich oder grünlich-grau gefärbt. Oft tragen sie braune Flecken. Der 1 1/2-2 mm lange Nabel ist elliptisch. Lathyrus sativus ist im ganzen Mittelmeergebiet eingebürgert. Einheimisch scheint sie in Vorderasien zu sein. Die Saatplatterbse bevorzugt kalkreiche, bindige Böden von mittlerer Feuchtigkeit und Wärme. Das nahrhafte Grünfutter ist hauptsächlich für Schafe geeignet. Blütezeit: Mai bis Juni.

Geschichtliches und Allgemeines:

Die an ihrer beilförmigen Gestalt leicht kenntlichen Samen sind schon in verschiedenen prähistorischen Siedlungen in Ägypten, Kleinasien und Bosnien nachgewiesen worden. Den Römern waren verschiedene Sorten bekannt, doch von dem Anbau nördlich der Alpen erfahren wir erst mit Sicherheit durch H. Bock, der den „Kecherbau“ als Besonderheit der Landschaft zwischen Worms und Speyer anführt. Die Kräuterbücher des 16. Jahrhunderts, z. B. Lonicerus, empfehlen das Platterbsenmehl gegen Schwindsucht, Hunde- und Schlangenbiß, Weiße Kichern werden im Mittelmeergebiet, in Österreich und in der Lausitz, sowohl reif (dann geschält), als auch unreif gegessen. Nach Ahlefeld eignen sie sich besonders als Suppenfrucht für den Winter. In verschiedenen Gegenden werden gemahlene Platterbsen dem Brotmehl zugesetzt. Auch als Viehfutter werden sie verwendet. Doch hat der Genuß von stark pigmentierten Platterbsensamen schon öfters bei Menschen und Haustieren Vergíftungen (vgl. Wirkung) hervorgerufen. Brot, das mehr als zu 50% aus Platterbsenmehl besteht, soll eine Lähmung der Füße erzeugen. Starkes Kochen kann bis zu einem gewissen Grade die Vergiftungsgefahr beseitigen.

Wirkung

Schon von Hippokrates wurde die Platterbse als Diuretikum und Purgans erwähnt.

Auf die kräftige diuretische Wirkung weisen auch Lonicerus und Bock hin, während später die therapeutische Anwendung völlig in Vergessenheit geraten zu sein scheint.

Die Platterbse, die Saponine, Toxalbumine und Alkaloidanteile enthalten soll (letztere allerdings bestritten), kann giftig wirken und ihr Genuß bei Menschen und Tieren, namentlich beim männlichen Geschlecht, den sogen. Lathyrismus hervorrufen. Gekocht sind die Samen unschädlich. Die Pflanze greift vor allem das Zentralnervensystem an, wobei die Ganglienzellen des Vaguskerns und die multiplen Ganglienzellen in den Vorderhörnern des Rückenmarkes atrophieren. Je nach der Dosis bewirkt Lathyrus Lähmung mit Schläfrigkeit oder aber Reizung mit Tremor und Muskelzuckungen, klonische und tonische Krämpfe und ausgeprägte Schwäche der Muskulatur, insbesondere Lähmung der unteren Extremitäten und der Blase. Durch das Vorherrschen der kräftigeren Flexoren und Adduktoren über die Extensoren und Abduktoren entstehen typische Stellungen, wie Adduktion und Innenrotation der Beine, Spitzfußstellung, Krallenhaltung der Zehen u. a., die zusammen mit spastischer Paraplegie in hohem Maße der spastischen Spinalparalyse gleichen. In exzidierten Muskelstümpfen fand Cantani Verminderung der Querstreifung und Einlagerung von Fetttröpfchen. Bei Pferden beobachtete man als typisches Vergiftungssymptom Atrophie der Kehlkopfmuskulatur, die durch die Erkrankung des Vaguskerns und des Nervus recurrens erklärlich wird.

Ausführliche Arbeiten über den Lathyrismus veröffentlichten u. a. Schuchardt und Mirande.

Mellanby schreibt, daß diese Krankheit in Indien zur Zeit von Hungersnot und Dürre zahlreiche Menschen befällt, wenn sie aus Not Aktaerbsen (so werden die Samen von Lathyrus genannt) in großen Mengen verzehren. Man sieht Degenerationen in den Hintersträngen, den direkten Kleinhirnbahnen und besonders in den Pyramidenbahnen. Letztere sieht man im Tierversuch nicht. Die Symptome der Vergiftung sind polyneuritische. Es treten Schmerzen, stechende Sensationen und Gliedertaubheit, Verminderung des Tast-, Hitze- und Kältegefühls auf. Auch Krämpfe werden sehr häufig beobachtet. Im Tierversuch gelang dem Verfasser eine Demyelinisierung des Nervensystems nur mit der Aktaerbse, nicht mit der Khesarierbse. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß die neurotoxische Wirkung durch einen Stoff hervorgerufen wird, der sich infolge langer Lagerung bildet. Gibt man den Versuchshunden gleichzeitig Futter, so treten die degenerativen Veränderungen im Rückenmark nicht auf. Der Verfasser vermutet, daß Vitamin A oder das Carotin den schützenden Einfluß ausüben. Young hat, ohne die Ergebnisse der Mellanbyschen Tierversuche zu kennen, auch den Vitamin A-Mangel für das Entstehen der Krankheit verantwortlich gemacht.

In der Homöopathie wird Lathyrus hauptsächlich gegen Paralysis und multiple Sklerose verwendet.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Lathyrus sativus wird in der Homöopathie bei den dem Lathyrismus ähnelnden Erscheinungen verordnet, also bei multipler Sklerose (hier lobt Kraft, Pfeddersheim, das „Teep“-Präparat zusammen mit Arnica „Teep“, Plumbum aceticum Oligoplex und Silicea Oligoplex), amyothrophischer Lateralsklerose, Tremor, Spasmen, Lähmungen (spinaler Kinderlähmung, Lähmungen der unteren Extremitäten, auch nach Diphtherie), Rückenmarkserkrankungen und Tabes. In einem Falle postdiphtherischer Lähmung beider Beine konnte Köhler, Krummhübel, einen 12jährigen Jungen innerhalb von 12 Tagen durch die Verordnung von Lathyrus D 3 heilen. Bei Parkinsonismus hatte Schleihauf, Dresden, keinen Erfolg mit „Teep“ 0. Ich muß erwähnen, daß von verschiedener Seite (Donner, Niebergall, Grübel) die Wirkung von Lathyrus auf die obengenannten Krankheiten bestritten wird. Nach Donner, Berlin, wird der Lathyrismus überhaupt nur durch den Genuß erkrankter Erbsen hervorgerufen.

Angewandter Pflanzenteil:

Von Hippokrates bis zu den modernen Autoren werden die Samen der Pflanze verwendet. Auch das HAB. nennt diese zur Bereitung der homöopathischen Urtinktur (§ 4). Das „Teep“ hat den gleichen Ausgangsstoff.

Dosierung:

Übliche Dosis in der Homöopathie:

1 Tablette der Pflanzenverreibung „Teep“.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Sem. Lathyri sativi.)

In der Homöopathie:

dil. Ø.

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt, doch cave zu große Dosen (vgl. Wirkung).

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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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