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Aufgeblasene Lobelie, Lobeliaceae.

Name:

Lobélia infláta L. Aufgeblasene Lobelie. Französisch: Lobélie inflée; englisch: Indian tobacco; dänisch: Lobelie; norwegisch: Botnegräs; polnisch: Stroiczka; russisch: Lobielja; tschechisch: Lobelka nadmuta.

Verbreitungsgebiet

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Namensursprung:

Die Gattung wurde nach dem Hofbotaniker Jakob I. von England, dem Arzte Matthias von Lobel (1538-1616) benannt; inflata = aufgeblasen, aufgeschwollen wegen der Form der bauchigen Früchte.

Botanisches:

Die Aufgeblasene Lobelie ist ein einjähriges Kraut mit etwa 60 cm hohem, aufrechtem, stark milchendem Stengel. Er ist eckig-gefurcht, unten rauhhaarig, oben kahl. Höchstens im oberen Teile trägt er einige Äste. Die elliptischen bis ovalen Blätter sind stumpf und am Rande ungleich gezähnt, etwas runzlig, blaßgrün und oberseits kahl. Die zahlreichen Blüten stehen einzeln in den Achseln der oberen Blätter. Sie sind klein, blaßviolett. Die Oberlippe hat zwei schmale, spitzige Zipfel, die Unterlippe ist dreizipfelig und hat in der Mitte einen blaßgelben Fleck. Die aufgeblasene Kapsel ist zweifächrig. Heimat der Pflanze ist Nordamerika, wo sie auf Feldern und in Waldungen vorkommt. Blütezeit: Juli bis August.

Geschichtliches und Allgemeines:

Bei den Indianern Nordamerikas soll die Lobelia inflata schon lange als abführendes Brechmittel benutzt worden sein. Später wurde sie dann von amerikanischen Quacksalbern gegen alle möglichen Krankheiten gebraucht, bis im Jahre 1813 Culter aus Massachusetts auf die guten Dienste, die die Pflanze bei der Behandlung von Asthma leisten könne, hinwies, und sie in die amerikanische Pharmakopöe aufgenommen wurde. In Europa brachte zuerst Linné, der 1741 einige Exemplare in Upsala kultiviert hatte, eine Abbildung und Beschreibung, ohne jedoch der medizinischen Eigenschaften Erwähnung zu tun. Erst Schöpf (Mat. med. Americana, Erlangen, 1787) berichtete von ihnen. In England wurde die Lobelia inflata durch Reece in den ärztlichen Gebrauch eingeführt. Das Kraut schmeckt unangenehm scharf und tabakähnlich, es führt daher auch den Namen Indian Tabacco. 5 g dieses Krautes sollen einen erwachsenen Menschen töten.

Untersuchungen über die Anbaumöglichkeit von Lobelia inflata in Europa liegen hauptsächlich aus Frankreich vor. Es zeigte sich, daß bei Düngung mit stickstoff- und kaliumreichen Stoffen die Alkaloidausbeute pro Flächeneinheit erheblich vermehrt werden konnte. Im Jahre 1936 gelang der Firma C. H. Boehringer A.-G., Nieder-Ingelheim, die synthetische Herstellung des Lobelins.

Wirkung

Die Indianer verwenden Lobelia als Antiasthmatikum.

Auch in der englischen Medizin wird Lobelia gegen Krampfasthma und Dyspnoe angewandt. Gelegentlich soll sie als Zusatz zu Diuretikas von guter Wirkung sein.

Das in der Pflanze neben anderen Alkaloiden enthaltene Lobelin (0,39% Gesamtalkaloide) wurde hinsichtlich seiner Konstitution von Heinrich Wieland aufgeklärt. Es wirkt nikotinartig, d. h. zuerst erregend, dann lähmend auf die Synapsen. Einzelheiten über diese Wirkung siehe W. E. Dixon. Die charakteristische Wirkung ist die Erregung des Atemzentrums, wodurch die Atemverzüge verstärkt und vermehrt werden.

Lobelia-Extrakt lähmt die Nervenendigungen des Lungenvagus und der Bronchialmuskeln, so daß die dem freien Einströmen der Luft in den Alveolen entgegenstehenden Hindernisse beseitigt werden. Letztere Wirkung kommt nur dem Gesamtmittel, nicht den reinen Alkaloiden daraus, zu. Daher ist Lobelia von äußerst günstigem Einfluß auf Asthma, auch auf nervöses oder durch organische Erkrankungen bedingtes, weil auch hier der bestehende funktionelle Krampf der Bronchialmuskeln durch die Vagusendigungslähmung beseitigt werden kann. Nach größeren Dosen der Zubereitungen des Krautes von Lobelia inflata trat Gastritis auf. Größere Dosen Lobelin hingegen bewirken Erregung der Vaguskerne, Pulsverlangsamung und Bronchialkatarrh. In derselben Richtung wie auf die Ganglien (erst erregend, dann lähmend) wirkt Lobelin auf die Funktion der Nebennieren und die Sekretion von Adrenalin. Die emetische Wirkung der Lobelia beruht auf ihrem Gehalt an Lobelanin und Lobelanidin, von denen ersteres auch allgemeine Erregung und klonische Krämpfe hervorruft, während Lobelanidin Depressionszustände bis zu Paresen und Paralyse erzeugt.

Die spezifisch erregende Wirkung des Lobelins auf das Atemzentrum wurde zuerst von H. Wieland entdeckt und hinsichtlich des Mechanismus aufgeklärt.

Die ersten klinischen Erfahrungen bringen Eckstein, Rominger und Wieland. Auf die dann folgenden zahlreichen klinischen Untersuchungen kann hier nicht näher eingegangen werden.

In Form von subkutanen, intramuskulären und intravenösen Injektionen wird es zur Anregung des Atemzentrums bei Infektionskrankheiten, Pneumonie und Gasvergiftungen angewandt. So empfiehlt auch Flury bei der Behandlung von Vergiftungen durch Gase vom Typus Kohlenoxyd „Lobelin 0,01 subkutan oder intramuskulär, besser 0,003-0,006 intravenös, evtl. wiederholt“.

Für die Anwendung als Atemanaleptikum bei diesen schweren Vergiftungen, die größere Lobelinmengen erfordert, ist die Droge selbst wegen der Wirkungen der Begleitalkaloide, vor allem wegen der zu langsamen Wirkung, unbrauchbar.

Nach Richter hat sich die atemsteigernde Wirkung des Lobelins in letzter Zeit auch in der Veterinärmedizin bei Atemlähmungen in jeder Form gut bewährt. Mancher Mißerfolg in der Behandlung der Asphyxie der Neugeborenen wird durch die pulssenkende Wirkung des α-Lobelin, auch bei subkutaner Injektion, erklärt. Es empfiehlt sich daher, dem Lobelin ein Kardiakum beizugeben.

Behrens zeigte vor kurzem im Tierversuch, daß bei leichter Morphinvergiftung Kohlensäure und Lobelin hinsichtlich ihrer atemerregenden Wirkung gleichwertig sind, daß dagegen bei schwerer Morphinvergiftung das Lobelin der Kohlensäure überlegen ist.

Daß Lobelin auch in Dosen vertragen wird, die weit über das gewöhnliche Maß hinausgehen, läßt sich nach E. G. Sincke dadurch erklären, daß es im Organismus leicht zerstört wird. So wurden bei einer apoplektischen Atemlähmung zunächst 0,003 g Lobelin intramuskulär und gleich darauf 0,01 g subkutan injiziert. Nachdem nochmals 0,01 g intravenös injiziert worden war, kam es zu einigen tiefen Atemzügen, die aber bald wieder aussetzten. Erst nachdem der Kranke noch fünfmal 0,01 g erhalten hatte, blieb die Atmung regelmäßig und der Patient war gerettet.

Caron fand, daß die Alkaloide anderer Lobeliaarten (Lobelia urens, Lobelia cardinalis, Lobelia syphilitica, Lobelia erinus) annähernd die gleichen Wirkungen auf Atmung und Blutdruck ausüben wie die Alkaloide der Lobelia inflata.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Lobelia inflata ist eins der besten Mittel bei Asthma bronchiale, insbesondere, wenn dieses mit krampfartigen Erscheinungen und Magendruck (Vagusstörungen) verbunden ist. Sehr gut reagieren darauf Pertussis, Krampfhusten, Bronchitis chronica, auch die foetide Form, Bronchiektasie, Emphysem, Lungenverschleimung und Catarrhus aestivus (hier wird Lobelia von Kleine, Wuppertal, zu den besten Mitteln, zu welchen noch nach seiner Meinung Grindelia, Ruta grav., Euphrasia, Bryonia, Drosera und Sabadilla gehören, gezählt).

Hilfreich erweisen sich subkutane oder intravenöse Lobelin-Injektionen bei Dyspnoe, Asphyxie neonatorum, Atemstillstand bei Vergiftungen, Kohlenoxydgasvergiftung und nach zu tiefer Narkose. Beim Ertrunkenen mit Stillstehen der Atmung ist mit einer Wirkung nicht zu rechnen.

In der Homöopathie wird Lobelia bei Nausea und Hyperemesis (Erscheinungen wie bei Nikotinvergiftung mit heftigen Kopfschmerzen, Würgen, Erbrechen und Schwindel), dyspeptischen Erkrankungen mit Oppressionsgefühl in Brust und Magen, Magenverschleimung, Gastritis, Oesophagospasmus infolge allgemeiner Neurasthenie und bei spastischer Harnröhrenstriktur gebraucht.

Als zuverlässiges Nervenmittel bewährte sich Lobelia auch bei anderen Krämpfen wie Epilepsie (bei Epilepsia mitior, Petit mal, wird ein Wechsel mit Oenanthe crocata Oligoplex empfohlen), Nervenüberreizung und -lähmung, Hysterie, Enzephalitis, allgemeiner Neurasthenie, Neuralgien, auch bei starker Kopfneuralgie (mit Hypertonie und nach früherer Lues) und Dysmenorrhöe.

Gelegentlich wird es noch bei Leberschwellung, Ikterus catarrhalis und rheumatischen Beschwerden erwähnt.

Einheitliche Wechselmittel werden nicht genannt.

Angewandter Pflanzenteil:

Über die Verwendung des blühenden (am Ende der Blütezeit gesammelten) Krautes herrscht volle Einmütigkeit (Potter, Clarke, Bentley und Trimen, Thoms, Hager, Schmidt). Dragendorff nennt daneben auch noch die Samen. Das HAB. empfiehlt zur Herstellung der Essenz die frische, blühende Pflanze ohne Wurzel (§ 3), die auch zur Bereitung des „Teep“ verwendet wird.

Herba Lobeliae ist offizinell in allen Staaten mit Ausnahme von Rußland, Finnland und Spanien.

Dosierung:

Übliche Dosis:

10-20 Tropfen (0,5-1 g) der Tinktur mehrmals täglich (Klemperer-Rost);

0,01 g Lobelinum hydrochloricum subkutan oder intramuskulär; 0,003-0,006 g Lobelinum hydrochloricum intravenös (Klemperer-Rost);

3-6 Tabletten der Frischpflanzenverreibung „Teep“ am Tage.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 10% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,025 g Hb. Lobeliae oder bei einem Alkaloidgehalt der Droge von 0,11% 0,027 mg Gesamtalkaloide.)

In der Homöopathie:dil. D 3.

Maximaldosis:0,1 g pro dosi, 0,3 g pro die Hb. Lobeliae (DAB. VI);

1 g pro dosi, 3 g pro die Tct. Lobeliae (DAB. VI);

1 g pro dosi, 5 g pro die Tct. Lobel. (Pharm. Austr.);

0,02 g pro dosi, 0,1 g pro die Lobelinum hydrochloricum (DAB. VI).

Rezeptpflichtig:

Herba Lobeliae (ausgenommen zum Rauchen und Räuchern), Tinctura Lobeliae, Lobelinum et ejus salia.

Homöopathische Zubereitungen bis D 3 einschließlich.

Rezepte:

Bei Asthma bronchiale (nach Meyer, mod. v. Verf.):

Rp.:

LobeliaeØ 20

D.s.: Im Anfall 10 (bis 20!) Tropfen.

O.P. Flasche mit etwa 20 g 1.95 RM.

Oder (nach Hager, mod. v. Verf.):

Rp.:

LobeliaeØ 5

Sirupi simpl. 45

D.s.: Im Anfall 1 Teelöffel nehmen.

Rezepturpreis etwa 1.18 RM.

Bei Atmungslähmungen in der Narkose, nach Morphin usw. und besonders beim Atemkollaps der Kinder (nach Trendelenburg):

Rp.:

Lobelini hydrochlorici 0,05 Aqu. dest. steril. ad 10

S.: Dreimal täglich 1-2 ccm subkutan. Lobelin kommt in wäßriger Lösung in Ampullen zu 1 ccm in den Verkehr.

O.P. Ingelheim je 2 oder 6 Amp. (0,003 und 0,01) 2,10 und 5,15 sowie 5,30 und 14 RM.

Als Räucherpulver bei Asthma (nach Peyer):

Rp.:

Fol. Stramonii c. 63

Hb. Lobeliae c. 12

Kalii nitric. 25

Aquae dest. 50

Olei Lavand. gtts. IV

M.f. species.

Zweckmäßig ist es, bei der Herstellung der Salpeterlösung 1-2% Gelatine hinzuzufügen, damit das auskristallisierende Salz an den Blattfragmenten festgehalten wird und damit die Species sich beim Rütteln nicht entmischen. Die bisweilen vorgeschriebene Beimischung von Zucker wirkt ebenso.

D.s.: 1 Teelöffel voll auf einem Teller anzünden, Rauch einatmen bis zur Besserung des Asthmaanfalles.

Rezepturpreis ad scat. etwa 1.74 RM.

Bei Asthma bronchiale (nach Kroeber):

Rp.:

Rad. Inulae helen. (= Alantwurzel)

Fructus Foeniculi (= Fenchelsamen)

Lichen island. (= Isländisch Moos)

Fol. Lobeliae (= Lobelienblätter)

Cort. Quebrach. (= Quebrachorinde)

Hb. Plantag. lanceol. (= Spitzwegerichkraut)

Fruct. Illicii ver. (= Sternanissamen)

Hb. Polygoni avic.  aa  10 (= Vogelknöterichkraut)

Spec. pectoral. 20 (= Brusttee)

C.m.f. species.

D.s.: Zum Dekokt. Zwei- bis dreimal täglich 1 Tasse warm trinken.

Zubereitungsvorschlag des Verfassers: 1/2 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen

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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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