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Nasturtium aquaticum (= officinale)

Brunnenkresse, Cruciferae.

Name:

Nastúrtium officinále R. Br. (= Roripa nasturtium aquaticum [L.] v. Hayek, = Sisymbrium nasturtium Thunb., = Cardamine nasturtium O. Kuntze, = Sisymbrium crysimum, = Cardamine fontana [Lam.], = Sisymbrium cardaminifolium Gilib., = Nasturtium fontanum Ascherson). Brunnenkresse. Französisch: Cresson, crinson, herbe aux chantres, tortelle, velar, cresson des fontaines; englisch: Water-cress, common water-cress; italienisch: crescione, nasturzio aquatico, sisimbrio-aquatico; dänisch: Bröndkarse, Vandkarse; norwegisch: Vannkarse; schwedisch: Källkrasse; tschechisch: Potočnice lékařská; ungarisch: Vizitorma.

Verbreitungsgebiet

Kosmopolit

Namensursprung:

Nasturtium wird abgeleitet vom lateinischen nasus = Nase und tortium = Qual unter Bezugnahme auf die starkes Niesen hervorrufende Eigenschaft der Pflanze. Kresse kommt entweder vom lateinischen crescere = wachsen, wegen des schnellen Wachstums, oder vom althochdeutschen kras, gras = Speise, wegen der Verwendung der Pflanze als Gemüse und Salat.

Volkstümliche Bezeichnungen:

Die Pflanze wird zum Unterschied von der Gartenkresse gewöhnlich als Brunnenkresse (mittelhochdeutsch brunne = Quelle, Quellwasser, dann auch von Brunnen wegen des feuchten Standortes) bezeichnet. Die Verschiebung des „r“ („Metathesis“) sowohl in „Kresse“ als in „Brunn“ begegnet uns in der niederdeutschen und thüringischen Mundart: Bornkass(en) (nordwestl. Deutschland), Bornkersch, Bornkirschen (Thüringen), Braunkersch (Erfurt). Die Pflanze wird auch kurzweg Kasse (Göttingen), Kirschen, Kerschen (thüring. Niederhessen) genannt. Im Bayrisch-österreichischen wird das Wort oft als Maskulinum „der Brunnenkreß“ – gebraucht. Im Alemannischen gelten die Bezeichnungen Wasser-, Bronnakressig (Schwäb. Alb), Grundkresser (Elsaß), Brunne(n)-Cressich (Schweiz).

Botanisches:

Die über die ganze Erde verbreitete, 30-90 cm lange, ausdauernde Pflanze besitzt eine kriechende, reich bewurzelte Grundachse. Die Blättchen ihrer leierartig gefiederten Blätter sind breit elliptisch. Die meisten, in lockeren Trauben stehenden Kreuzblüten öffnen sich bei andauernd schlechtem Wetter überhaupt nicht. Es erfolgt dann spontane Selbstbestäubung. Die sehr wasserreiche Pflanze – sie besitzt nur 6,9% Trockensubstanz – lebt in Quellen, in Quellbächen und Flüssen mit reinem Wasser. Hier vegetiert sie in dichtem Rasen bis zu 2 m Tiefe. Die Brunnenkresse liebt frisches, reines und gleichmäßig erwärmtes Wasser, Auch in salzhaltigem Wasser wurde sie beobachtet. Sie enthält Jod, das hier zuerst in einer Pflanze entdeckt wurde (1874). Die Pflanze macht trübes Wasser sehr schnell klar. Ihre Wurzelausscheidungen sind alkalisch (eigene Beobachtungen). In Erfurt wird unter Ausnutzung der halbwarmen Quellen die Kresse in zementierten Kanälen im großen angebaut. Die wild gesammelte Kresse schmeckt schärfer und ist auch zweifellos wirksamer als die angebaute. Blütezeit: Mai bis September.

Die Brunnenkresse wird vielfach mit dem Bitteren Schaumkraut (Cardamine amara) verwechselt. Dieses hat dunkelpurpurne Staubbeutel, während Nasturtium gelbe Staubbeutel besitzt.

Geschichtliches und Allgemeines:

Als Heil- und Genußpflanze wird die Brunnenkresse bereits von Dioskurides (Cardamine), Theophrast und Plinius erwähnt. Dioskurides schreibt: „Das Cardamine treibt und erwärmt den Harn. Auch roh wird es gegessen. Es vertreibt Leber- und Sonnenbrandflecken, wenn es die ganze Nacht aufgelegt und morgens abgewaschen wird.“ Die Kräuterbücher des Mittelalters rühmen die Kresse als wurmtötendes, blutreinigendes, harntreibendes, zerteilendes und erweichendes Mittel. Auch wurde sie für die Behandlung von Skorbut, Schwindsucht und Bronchitis empfohlen. Der aus einer Mischung frischer Brunnenkresse, Bachbunge, Wegwarte und Boretsch gepreßte Saft galt als „Blutreinigungskur“ im Frühjahr und vor allem bei Rheumatismus als besonders heilkräftig. Der französische Arzt Pouteau (gest. 1777) beschreibt mehrere Fälle von beginnender Lungenschwindsucht, die durch anhaltenden Gebrauch der Brunnenkresse geheilt worden sind. In Frankreich heißt das Kraut heute noch „Herbe aux chantres“ (Sängerkraut), weil es die Stimme reinmacht. Fr. Hoffmann gab das Kraut als Salatkur. Als ältere Literatur sei genannt: C. Zwinger, Examen plantarum nasturtiarum, Basel 1714.

Wirkung

Paracelsus verordnet Nasturtium als wurmtreibendes Mittel, als Antifebrile, Blutreinigungsmittel, gegen Ischias und Zahnschmerzen.

Bock zählt eine lange Reihe von Indikationen auf und schildert die Kressenarten als diuretisch, schleimlösend, wundheilend, zerteilend, bauchreinigend, leber- und milzeröffnend, besonders aber als blutreinigend.

Matthiolus warnt davor, Schwangeren die Brunnenkresse als Diuretikum zu geben, „denn sie treibt zu sehr“. Er empfiehlt sie namentlich bei Skorbut, eine Indikation, die heute ihre wissenschaftliche Rechtfertigung erhalten hat, denn man hat sie bei Avitaminosen als wirksam gefunden.

Weinmann nennt sie „in der scorbutischen Abzehrung und so genandten Miltz-Beschwerung ein Specificum“. Außerdem kennt er noch eine ganze Reihe von anderen Indikationen, wie die gegen Grieß- und Steinleiden, Gelbsucht, Febris quartana usw. äußerlich nennt er den Saft bei faulen und krebsartigen Geschwüren.

Osiander führt die Brunnenkresse als Emmenagogum, Diuretikum und Antiskorbutikum an,

Hufeland als Antidyskratikum, sein Mitarbeiter Hofrat Pitschaft, als Hämostyptikum und bei „skorbutischen, herpetischen, psorischen Profluvien der Lungen“.

Der von Aschenbrenner zitierte Sachse soll ein starkes Dekokt der Brunnenkresse in Bier als vorzügliches Mittel bei Hydrops, insbesondere Aszites, empfohlen haben.

Kneipp verordnete sie namentlich Lungenkranken und Blutarmen. Die frische Pflanze und der Saft werden häufig zu Frühjahrskuren benützt; ihre Wirkung als Bittermittel beruht auf ihrem Gehalt an schwefelhaltigem ätherischem Öl. Sie ist sehr reich an Vitamin A und C und soll 0,448 mg Jod pro kg getrocknete Droge enthalten.

Kroeber konnte einen hohen Gehalt an Kaliumnitrat feststellen, der nach ihm wahrscheinlich den günstigen Einfluß auch auf hartnäckige Hautausschläge bedingt. Über die weiteren Inhaltsstoffe macht er folgende Angaben: In der frischen Pflanze ein sehr leicht zersetzliches Senfölglykosid, Glyconasturtiin, das beim Zerfall durch ein Ferment (vermutlich Myrosin) u. a. ein ätherisches Öl (zu etwa 0,0666% des Krautes) mit Phenylaethylsenföl ergibt. Ferner sind u. a. vorhanden: Raphanolid – Raphanol, Rhodanwasserstoff, Spuren von Arsen, reichlich viel Vitamin A und C, wenig Vitamin D.

Die Wertbestimmung von Zubereitungen aus Nasturtium kann man durch Bestimmung der darin enthaltenen Senföle durchführen. Die homöopathische Tinktur ergab eine Silberzahl von 0,011, also einen verhältnismäßig kleinen Gehalt an Senföl. Wird die Pflanze aber vor dem Auszug mit Alkohol mehrere Stunden mit Myrosinase fermentiert, so steigt die Silberzahl auf 0,03, also fast auf den dreifachen Wert. In der glykosidisch gebundenen Form geht das Senföl nicht in die Tinktur über.

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Als Diuretikum, reinigt Magen, Nieren und Blase, gegen Husten und Würmer, als Mundwasser bei Zahnschmerzen; äußerlich gegen Krätze, Kopfschuppen; der pulverisierte Samen als Niespulver gegen Schlafkrankheit und Zungenlähmung.

Ungarn: Gegen Nierensteine, Ohrenschmerzen, als Wurmmittel und zur Förderung des Haarwuchses.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Nasturtium ist ein altbewährtes Blutreinigungsmittel und Antiskorbutikum, dessen Verordnung bei chronischen Exanthemen, Skrofeln, Blutarmut, Bleichsucht, Ekzemen, Acne vulgaris, Ulzera, insbesondere des Mundes, Gingivitis, Paradentose und zur Festigung lockerer Zähne sehr beliebt ist.

Ebenso wird es gern zu den sogenannten Frühlingskuren und als Adjuvans bei allen Krankheiten gegeben, bei denen eine Reinigung der Säfte und Vitaminzufuhr nötig erscheint, so bei Rheuma, Gicht, Hydrops, Cystopathien (Cystitis, Harngrieß und -steine), Obstipation, Dyspepsie, Würmer, Hepatopathien, Gallenleiden, auch Cholelithiasis, Milzschwellungen, Ikterus und Erkrankungen der Respirationsorgane (chronischen Katarrhen, beginnender Tuberkulose).

Auch bei Diabetes und Struma (wie schon im botanischen Teil erwähnt, zählt Nasturtium zu den jodhaltigen Pflanzen) ist es indiziert.

Angewandter Pflanzenteil:

Ganz allgemein wird in der Literatur von der Brunnenkresse die frische Pflanze oder deren Saft in der Heilkunde verwendet. So empfiehlt auch das HAB. das frische, blühende Kraut (§ 3). Aus diesem wird auch das „Teep“ hergestellt.

Herba Nasturtii ist offizinell in Portugal, Spanien und Frankreich.

Dosierung:

Übliche Dosis:

60-150 g des Saftes als Tagesgabe (Leclerc).

1 Teelöffel voll der Frischpflanzenverreibung „Teep“ mehrmals täglich.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Zu verordnen am besten als Brunnenkressensalat, nur wenn dieser nicht erhältlich, dann

Bei chronischer Bronchitis (nach Leclerc):

Rp.:

Succi Nasturtii 60-150 (= Brunnenkressensaft)

D.s.: Mehrmals täglich in kalter Bouillon zu nehmen.

Als Blutreinigungsmittel (nach Dinand, mod. v. Verf.):

Rp.:

Nasturtii Ø

Veronicae beccabungae Ø

Anthrisci ceref. Ø

Taraxaci Ø

Cichorii intyb. Ø  aa  10

M.d.s.: 2 Teelöffel voll der Mischung täglich in warmem Wasser zu nehmen.

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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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