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Wundsanikel, Umbelliferae.

Name:

Sanícula europáea L. (= S. officinalis Gouan, = S. officinarum Necker, Lam., = S. triloba Gilib., = S. vulgaris [spalm.] Koch, Landoz, = Caucalis sanicula [offic.] Crantz, Roth, Astrantia diapensia Scop., = Caucalis capitata Salisb.). Wundsanikel, Heildolde, Schärnikel, Waldknecke, Waldklette, Heil aller Schäden, Bruchkraut. Französisch: Sanicle, sanicle commun, sanicle mâle, herbe de St. Laurent; englisch: Wood sanicle; italienisch: Sanicola, sannicola, erba fragolina, diapensia; dänisch: Skov-Sanikel; polnisch: Zankiel; russisch: Podlesnik; schwedisch: Sårläka; tschechisch: Zanykl, žindava evropská; ungarisch: Gombernvö.

Verbreitungsgebiet

Weiteres Vorkommen: Vorwiegend in Waldgebieten, Nordafrika, Gebirge im tropischen Afrika. Süd-Zentral-v. Ostasien, Sunda-Inseln.

Namensursprung:

In dem Gattungsnamen Sanicula ist unschwer das lateinische sanare = heilen in bezug auf die Verwendung der Pflanze als Wundheilmittel zu erkennen. Sanikel ist dem lateinischen Sanicula entlehnt.

Volkstümliche Bezeichnungen:

Scharnickel (z. B. Braunschweig, Kärnten, Schweiz), Zaunickel, Zahnickel, Suinigl (Schmalkalden), Saninkel (Nordböhmen), Weißa Danikl (Niederösterreich), Sangel (Steiermark), Zaniggeli (Schweiz), Höalblattl, Fünfwundenblattl (Oberbayern: Bad Tölz).

Botanisches:

Die ausdauernde, in Eurasien und Nordafrika heimische Pflanze mit im Alter mehrköpfiger Grundachse gedeiht auf beschattetem Humusboden, besonders in Laub- und Mischwäldern. Die im Umriß rundlich-herzförmigen, langgestielten Blätter sind handförmig drei- bis fünffach geteilt. Die weißlichen oder rötlichen Blüten sind zu köpfchenartigen, mit vier bis sechs linealen Hüllblättern versehenen Dolden angeordnet. Die Zwitterblüten sind ungestielt, die männlichen Blüten kurz gestielt. Die hakigen Früchte haben zu dem Namen Waldklette Veranlassung gegeben. Blütezeit: Mai bis Juni

Geschichtliches und Allgemeines:

In den Schriften der alten griechischen und römischen Ärzte läßt sich die Sanicula europaea nicht nachweisen, dagegen sind ihr in den Kräuterbüchern des Mittelalters und besonders in denen des 16. und 17. Jahrhunderts unter den Namen Sanicula mas, Diapensia, Consolida minor, Ferraria minor zum Teil sehr ausführliche Kapitel (z. B. Bock, Matthiolus, Tabernaemontanus, Bauhinus) gewidmet. Offizinell waren die Wurzel und Blätter als Radix et Folia Saniculae s. Diapensiae. In Frankreich haben Ajuga reptans L. (la bugle) und Sanicula den Ruf von guten Wundheilkräutern, daher der Spruch:

„Qui a la bugle et la sanicle

fait aux chirurgiens la nicle.“

 

Wirkung

Als Wundheilmittel stand die Pflanze bereits bei Paracelsus in hohem Ansehen;

großes Lob erhält sie auch bei den Autoren der mittelalterlichen Kräuterbücher, wie Lonicerus, Bock und Matthiolus. Nach Lonicerus heilt das Wasser von Sanicula alle Wunden und innere wie auch äußerliche Verletzungen, ja, es ist seiner Ansicht nach „so heylsam / daß es auch fleysch im Hafen zusammen fügt / so mann die wurtzel darbei thut“. Außerdem wirkt es blutstillend, mild abführend, schleimlösend, resolvierend. Die gleichen Indikationen geben Bock und Matthiolus an, die Sanicula namentlich bei „versehrter Lung“ und zur Reinigung der Bronchien empfehlen.

Osiander nennt sie als Volksmittel bei chronischem Brustkrampf, Schulz bei Hämoptise, Hämaturie und Darmblutungen.

Nach Kneipp bringt der Sanikel, innerlich und äußerlich angewandt, bei allen Arten von Wunden Hilfe. Er hilft bei Gaumenentzündungen, Rachen- und Magenentzündungen, Blutbrechen, ebenso wie bei äußerlichen Verwundungen und Quetschungen.

Heisler berichtet von einem Patienten, der nach etwas reichlichem Genuß von sehr kaltem Bier an einer schweren Magenblutung erkrankte. Er behandelte ihn mit strenger Bettruhe, Eisblase, zunächst Fasten, dann nur ganz allmählich steigender Nahrungszufuhr. 4 Wochen mußte der Mann zu Bett liegen und war dann noch etwa 14 Tage arbeitsunfähig. Nach einem Jahre bekam derselbe Patient wieder eine Magenblutung und trank diesmal auf den Rat eines alten Försters Tee von Sanicula europaea (etwa 3 Liter täglich), indem er sich gleichzeitig jeder Nahrung enthielt, mit dem Erfolge, daß er nach 6 Tagen wieder ohne Beschwerden arbeiten konnte, nachdem er den Tee nur 3 Tage lang getrunken hatte.

Die saponinhaltige Wurzel wird häufig mit Radix Dentariae enneaphyllae (Zahnwurz, im Volke Scharnikel) verwechselt, worauf besonders zu achten ist. Die Wirkung der Blätter beruht zum Teil auf ihrem Saponingehalt, dem sich noch Bitter- und Gerbstoff zugesellt.

Kroeber gibt auch noch etwas ätherisches Öl und Harz als Inhaltsstoffe an. Auch konnte er die Befunde von G. Luft bestätigen, daß die stärkste hämolytische Wirkung durch die Blätter hervorgebracht wird, eine etwas schwächere durch das Rhizom, eine noch geringere durch die Wurzel.

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Polen: Gegen Lungenblutungen.

Ungarn: Gegen Menstruatio nimia, Hämaturie und als Antidiarrhoikum.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Sanicula europaea wird in erster Linie als Wundheilmittel und gegen Hämoptise verordnet. Im einzelnen gibt man es bei Quetschungen, Wunden (auch zu Spülungen, Auflagen und Waschungen), Geschwülsten, Mundfäule, Halsgeschwüren, Eiterungen, Ekzemen, Furunkeln, Magenund Darmgeschwüren, Schleimhautentzündungen, Polypen und Nebenhöhlenkatarrh (hier auch als Nasenspülung).

Außer gegen Lungenblutungen wird es noch gegen Hämorrhagien anderer Organe, insbesondere des Magens erfolgreich angewandt. Weiter reinigt es Lunge, Blase und Magen von Schleim und Eiter und wird daher bei Bronchitis, bei Schwindsucht und als Diuretikum bei Nephropathien wie Pyelitis, auch gonorrhöische, ferner bei Geschlechtskrankheiten, speziell Syphilis, und Knochenleiden (da stark kalk- und kieselsäurehaltig) gebraucht.

Sanikel wirkt im übrigen ganz allgemein magenstärkend, appetitanregend und eignet sich als Kaltauszug gut zu Mundspülungen bei Zahnfleischerkrankungen.

Angewandter Pflanzenteil:

Paracelsus kennt die Verwendung des Krautes.

Die Kräuterbücher von Bock, Matthiolus und Lonicerus erwähnen dazu auch noch die der Wurzel.

Thoms führt Herba Saniculae an.

Zörnig nennt als Sammelgut die zur Blütezeit gesammelten Wurzelblätter. Nach dem HAB. ist die Essenz aus dem frischen, blühenden Kraut zu bereiten (§ 3).

Dieses Ausgangsmaterial wird auch benutzt zur Herstellung des „Teep“.

Sammelzeit: Mai bis Juni.

Dosierung:

Übliche Dosis:

1 Messerspitze des gepulverten Krautes zwei- bis dreimal täglich (Kneipp).

1-2 Tabletten der Frischpflanzenverreibung „Teep“ vierbis fünfmal täglich.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Herba Saniculae europ.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Bei Blutungen aus Lunge und Magen, Hals- und Magengeschwüren:

Rp.:

Hb. Saniculae conc. 50 (= Sanikelkraut)

D.s.: 4 Teelöffel voll mit 2 Glas kochendem Wasser 10 Minuten ziehen lassen und tagsüber trinken.

Bei Magengeschwüren (nach E. Becker):

Rp.:

Fol. Saniculae (= Sanikelblätter)

Flor. Calendulae (= Ringelblumenblüten)

Hb. Polygoni avicularis (= Vogelknöterichkraut)

Sem. Foenugraeci  aa 25 (= Samen vom Bockshornklee)

M.f. species. D.s.: 4 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen

Bei offenen Wunden (nach H. Meier):

Die Blätter und Blüten werden in Butter gekocht, das Filtrat auf die Wunde gelegt.

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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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