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Brennessel, Urticaceae.

Name:

úrtica dióica L. (= Urtica maior Kanitz). Große Brennessel. Französisch: Grande orbie, O. méchante; englisch: Stinging oder great nettle; italienisch: Ortica; dänisch: Brände-Nelde; litauisch: Dilgelé; norwegisch: Nestle, Brennestle; polnisch: Pokrzywa; russisch: Krapiwa; schwedisch: Brännässla; tschechisch: Kopřiva dvoudoma; ungarisch: Csalán.

úrtica úrens L. (= Urtica minor Moench). Kleine Brennessel. Französisch: Ortie brulante, o grièche, petite ortie; englisch: Small nettle; italienisch: Ortica; litauisch: Dilgele piktoji; tschechisch: Kopřiva palčiva, žahavka.

Verbreitungsgebiet

Urtica dioica L.

Kosmopolit. Fehlt nach Hoeck im madagassischen, tropisch-afrikanischen u. südafrikanischen Pflanzenreich, ebenso in den Polargegenden.

Namensursprung:

Urtica ist abgeleitet vom lateinischen úrere = brennen. Das Wort Nessel (althochdeutsch nezzila, mittelhochdeutsch nezzel) steht möglicherweise im Zusammenhang mit „Netz“ wegen der Verwendung der Bastfasern zu Gespinsten. Der Name Brennessel bezieht sich auf die Wirkung, die eine unvorsichtige Berührung der Pflanze mit sich bringt; dioica = zweihäusig, urens = brennend.

Volkstümliche Bezeichnungen:

Im Niederdeutschen lautet das Wort Niëtel, Neddel, in der Schweiz Neßle; das anlautende „n“ fehlt z. B. in Eßl (Krain: Gottschee), Eßle (Schweiz, Elsaß). Mundartliche Formen von Brennessel sind: Brennettel (Hannover usw.), Branneckel (Ostfriesland), Brennößl (Niederösterreich), Brenneßle (Schweiz). Bannel = Barnnettel = Brennettel (Wangeroog), Bornnessel (Hessen, rechts der Nidda). Die Bezeichnung Sennessel, die übrigens manchmal speziell für Urtica urens gebraucht wird, gehört zu „sengen“ = brennen; Sengnettel (Münsterland), Senglnessel (Rheinpfalz: Edenkoben), Sengelessel, Sengesselte, Sengessel (Elsaß). Zum Unterschied von Urtica urens heißt unsere Art auch große Nessel, Söuw-Neßle (als Schweinefutter) (Schweiz: Luzern), Dunnernettel (Mecklenburg), weil nach einem verbreiteten Aberglauben bei einem Gewitter das junge Bier „umschlägt“ (sauer wird), wenn man nicht die „Donnernessel“ zu den Fässern legt.

Verbreitungsgebiet

Urtica urens L.

Kosmopolit (fehlt in der Arktis, sowie im indischen u. südafrikanischen Florenreich.)

Botanisches:

Die stark variierende Urtica dioica besitzt einen ausdauernden, kriechenden, stark verästelten Wurzelstock. Ihr 30-150 cm hoher Stengel ist einfach, vierkantig, mit kurzen Borsten und langen Brennhaaren besetzt. Die gegenständigen eiförmigen bis länglichen Blätter sind am Grunde herzförmig oder abgerundet und am Rande grob gesägt. Die Blütenzweige tragen in der Regel nur männliche oder nur weibliche Blüten. Diese sind unscheinbar grün und windblütig. Sie haben ein vierteiliges Perigon. In den weiblichen Blüten findet sich ein oberständiger Fruchtknoten mit großen, pinselförmigen Narben. Die Frucht ist ein kleines, einsamiges Nüßchen. Die männlichen Blüten enthalten vier eingebogene Staubgefäße, die beim Öffnen der Blüten (was besonders bei Erwärmung geschieht) sich ruckartig aufrichten und dabei den Blütenstaub in Form eines kleinen Wölkchens ausstreuen. Die Große Brennessel blüht vom Juli bis in den Herbst.

Urtica urens ist einjährig. Gewöhnlich wird sie zwischen 15 und 45 cm hoch. Aus der gelblich-weißen Wurzel entspringt der meist einfache, manchmal aber schon von Grund an verästelte Stengel. Er ist vierkantig und grün, bisweilen unten auch rotbraun gefärbt. Nach allen Seiten ist er mit waagerecht-abstehenden Brennhaaren besetzt, zwischen denen sich kleinere, etwas gekrümmte gewöhnliche Haare finden. Die kreuzweis-gegenständig angeordneten Blätter sind eiförmig bis elliptisch-lanzettlich, spitz und eingeschnitten gesägt. Sie sitzen an rinnigen Stielen. Diese tragen nur vereinzelte Brennhaare, während die Blattfläche mehr oder weniger dicht mit aufrecht stehenden Brennhaaren besetzt ist. Die Blütenährchen entspringen zu zweien aus jeder Blattachsel. An ihnen stehen sowohl die männlichen als auch die weiblichen Blüten. Der Kelch der männlichen Blüten ist vierteilig. Diese enthalten vier elastisch aufspringende Staubgefäße, während die weiblichen Blüten neben zwei winzigen zwei sehr große Kelchblätter besitzen, die dem Fruchtknoten eng anliegen. Auf bebautem Boden, auf Schutt, an Wegen, Mauern und Häusern, am liebsten im Halbschatten, ist die Pflanze allgemein verbreitet. Sie blüht vom Juli bis September.

Geschichtliches und Allgemeines:

Schon früh war die Aufmerksamkeit der Menschen auf die Brennessel gerichtet. Die alten Griechen kannten sie als Akalypte, und Dioskurides schreibt, daß sie menstruationsfördernd, erweichend, wind- und harntreibend wirke und gut gegen Hundebiß, krebsartige Geschwüre, brandige Wunden, Furunkeln, Geschwülste, Drüsenanschwellungen, Verrenkungen, Nasenbluten, Milzerkrankungen, Brustfell- und Lungenentzündung, Asthma, Hautgrind und Mundkrankheiten sei. Scribonius Largo nennt die Samen in einem Rezept gegen trockenen Husten, während er das Kraut u. a. bei Bleiweißvergiftung und Epilepsie anwendet. Plinius, Amatus Lusitanius und Sartorius rühmen die blutstillende Kraft der Nessel. Die Kräuterbücher des 16. Jahrhunderts bringen über sie hauptsächlich das, was schon Dioskurides sagt. Urtica dioica und U. urens wurden von Lehnhardt (Arzneyen ohne Maske) mit Erfolg bei Wassersucht angewendet. Quarin, Deidier (gest. 1746) und Rosner empfahlen die Brennessel bei Hämorrhagien und Bluthusten, Aepli in Dissenhofen dringend bei Blutharnen, Bullar und Cazin bei Blutflüssen und Hautausschlägen. Als Sympathiemittel spielte sie immer eine große Rolle, ein Beispiel dafür ist folgendes Rezept zur Vertreibung des Fiebers aus der Magdeburger Gegend: Man nimmt eine Handvoll Salz und sät das in Brennesseln. Dabei spricht man:

„Ich streue meinen Samen

In neunundneunzigeren Fiebers Namen,

Aber du sollst nicht aufgehn,

Bis ich komme und schneid dich ab.“

In der tschechischen Volksmedizin wird die Brennessel bei Erkrankungen der Atmungsorgane, auch bei Tuberkulose, und gegen Schlaflosigkeit, äußerlich zu Auflagen auf Geschwülste gebraucht. Neuerdings wird dem Anbau von Brennesseln zur Gewinnung von Gewebsstoffen wieder größere Beachtung geschenkt.

Wirkung

Die Pflanze wird schon von Hippokrates, der hl. Hildegard und Paracelsus angeführt.

Bock schildert die Nesselblätter als erweichendes, wind- und harntreibendes, grimmenstillendes, aphrodisiakisches, wundheilendes Mittel, dessen äußerlichen Gebrauch bei „faulen schäden / als Krebs / Volff“, bei Beulen und Geschwülsten der Glieder, der Milz und Ohren er besonders empfiehlt.

Als weitere Indikationen gibt Matthiolus an: Seitenstechen, übermäßige Menses, Verhütung von Nierenstein und -grieß, fressende Geschwüre.

Blankard zählt die Wurzel und Blätter der Brennessel zu den auflösenden Mitteln und empfiehlt die Speisen der Leberkranken reichlich mit Nesseln und Safran zu kochen.

Hufelands Mitarbeiter, Hartmann, sah gute Erfolge mit Urtica in der Behandlung von Fluor albus.

Osiander zählt zahlreiche Volksmittel auf, die sich der Urtica-Wirkung bedienen; besonders beliebt ist das Schlagen rheumatischer oder gelähmter Glieder mit Brennesseln, wobei es sich aber lediglich um eine Hautreizung durch das Gift der Nesselhaare handelt. Häufig entsteht dabei ein ausgedehntes Erythem mit Urtikaria, u. U. Blasenbildung.

Nach Schulz findet die Brennessel in der deutschen Volksmedizin Anwendung als Styptikum, Diuretikum, Expektorans, Galaktagogum, Antihidrotikum, gegen chronische Hautleiden und Diarrhöen.

Über die Anwendung beim russischen Volke schreibt W. Demitsch:

„Bei „Steinschmerzen“ gab man früher Knoblauch und Nesselsamen mit Branntwein gekocht ein (W. M. Richter, Geschichte der Medicin in Rußland. Moskau 1813-1817, I, 36). – Die trockene zerriebene Brennessel wird mit Schwarzbrot bei Durchfällen mit Tenesmen gegessen (W. Dahl, über Volksheilmittel. Journ. d. Minist. d. Innern 1843, Teil III). – Im Gouvernement Poltawa wird das pulverisierte Kraut der Urtica dioica bei Menstruationsverhaltung, ein Aufguß von der getrockneten Urtica urens den skrofulösen Kindern eingegeben (Augustinowitsch, über wildwachsende medizinische Pflanzen im Gouvernement Poltawa. Kiew 1853). – Krebel (Volksmedicin und Volksmittel verschiedener Völkerstämme Rußlands. Skizzen. Leipzig und Heidelberg 1858) führt ein Pulver von den Samen und Wurzeln der letzteren als antihydropisches Volksmittel an. – Im Gouvernement Woronesch werden die fein zerschnittenen Blätter der Urtica urens bei Schwindsucht gegessen. – Im Gouvernement Wladimir wird eine Brennesselabkochung bei Steinkrankheiten eingenommen. Bei Cholera reibt und schlägt man den Kranken mit dem Kraut, um ihn zu beleben (W. Deriker, Zusammenstellung von Volksheilmitteln, die von Zauberern in Rußland gebraucht werden. St. Petersburg 1866, S. 153). – Im Gouvernement Perm gilt die Brennessel für ein gutes antifebriles Mittel: ihre Abkochung wird innerlich und zu Einreibungen des Kranken verwendet. Urtica dioica soll bei Brust-, Steinkrankheit und Lähmung dienlich sein. Der frische Saft der Urtica urens wird bei Blutungen getrunken (P. Krilow, Als Volksheilmittel gebräuchliche Pflanzen im Gouvernement Perm. Arbeiten der Naturforscher-Gesellschaft bei der Universität Kasan. Bd. V, Heft II, Kasan 1876, S. 60). – Nach Annenkow (Botanisches Lexicon, St. Petersburg 1878, S. 369) werden Urticablätter bei Blutungen aller Art, beginnender Schwindsucht und bei Durchfällen innerlich gebraucht. Die Wurzel und die Samen dienen dem Volke als ein Stopf- und Wurmmittel. – Im Gouvernement Mohilew werden die frischen Brennesselblätter bei Lähmungen und Cholera äußerlich als Analeptikum gebraucht; der Saft hiervon wird bei Brustkrankheiten getrunken (Tscholowski, Entwurf der Flora des Gouvernements Mohilew, in Dembowetzkis „Versuch einer Beschreibung des Gouvernements Mohilew“. Mohilew 1882, S. 396 ff.) – Eine Abkochung von Urtica dioica wird im Kaukasus bei Tripper eingenommen; die gekochten heißen Blätter legt man auf das angeschwollene heiße Glied (J. Schablowski, Medicamente und Heilverfahren der Volksärzte Abchasiens und Ssamursaks. Medic. Sammlung, herausgegeben von der kaukasischen medicinischen Ges. Tiflis 1886, Nr. 41).“

Stauffer lobt den Tee bei Nierenkoliken mit Sand- und Steinabgang, selbst in Fällen, wo Blutharnen besteht, und bei der habituellen Obstipation der Gichtkranken.

Nach der gleichen Verabreichung zeigte sich nach Wantoch-Wil bei Herzkranken eine deutliche Steigerung der Diurese, welche oft mehrere Tage anhielt.

Die Wirkung auf den Darm wurde von Nemori im Tierversuch nachgeprüft, wobei er feststellte, daß Brennesselextrakt auf isolierte Darmstreifen in Konzentrationen von 1:1000 bis 1:25 tonussteigernd und anregend, in höheren Konzentrationen stillstellend wirkt.

Bohn verordnet die Große Brennessel, Urtica dioica, der er diuretische Wirkung zuschreibt, bei allergischer Urtikaria (nach dem Genuß von Krebsen und Seetieren), den Brennesselessig als bewährtes Haarwuchsmittel.

  1. Leclerc hatte gute Resultate mit der Verordnung des Brennesselsaftes in drei Fällen von Metrorrhagie.

Oudar, der die blutstillende Eigenschaft der Urtica bestreitet, schreibt ihr dagegen ausgeprägte antidiarrhöische Wirkungen zu. Nach ihm wurde sie erfolgreich angewandt bei Grippediarrhöen, Enteritis mucomembranacea, akuter und chronischer Enteritis. In sechs Fällen von Diarrhöe der Phthisiker trat Heilung ein, in zwei weiteren Fällen ausgesprochene Besserung.

Bei Magengeschwüren nach Nikotinabusus hatte Künzle gute Resultate mit der Verabreichung von Urtica.

Auf homöopathischer Basis wird die Brennessel bei Nessel- und Bläschenausschlägen, Weißfluß mit ungeregelter Periode, bei Verbrennungen (innerlich und äußerlich die Urtinktur), ungewöhnlicher und zu starker Milchsekretion angewandt.

  1. Dobreff fand, daß Urtica dioica ein Sekretin enthält, das dem des Spinats mindestens ebenbürtig ist. Bei subkutanen Brennesselsaft-injektionen wurde eine starke Pankreassekretion beobachtet. Es gehört „zu den allerstärksten, excitosekretorisch wirkenden Mitteln auf Magen und Pankreas, die wir bis jetzt kennen“. Eine Injektionsdosis bei Hunden entsprach etwa 2,5 g trockener Brennesselblätter. Nach der Injektion stieg der Säuregehalt parallel mit der Magensaftsekretion.
  2. Cremer stellte vergleichende Tierversuche über die blutbildende Wirkung von Spinatsaft und Brennesselsaft an. Bei Kaninchen, die durch Aderlaß stark anämisch gemacht worden waren, konnte durch beide Säfte eine stark blutbildende Wirkung, d. h. ein günstiger Einfluß auf Hämoglobin- und Erythrozytenbildung festgestellt werden. Parallelversuche mit Eisensäften zeitigten keine besseren Resultate als die Pflanzensäfte allein. Cremer führt diese Wirkung auf den Gehalt an Eisen und Chlorophyll zurück. Als wirksame Bestandteile werden ferner u. a. Lecithin und Gerbstoff angegeben. In der Beeinflussung des Zuckerstoffwechsels ähnelt die Droge den Folia Myrtilli (vgl. dort!); neben der blutzuckersenkenden tritt im Anschluß an die Verabreichung des Extraktes eine blutzuckersteigernde Wirkung auf.

Über die blutzuckersenkende Wirkung wird auch von K. Meyer, Bonn, berichtet. Nach ihm haben A. V. Marks und E. Adler bei der alimentären Hyperglykämie beim Kaninchen nach Urticadekokten stets eine starke Beeinflussung beobachtet. Neben dem blutzuckersenkenden Stoff wurde auch ein blutzuckererhöhender Stoff festgestellt, der die Versuche erschwert.

Nach meinen Versuchen enthält Urtica dioica große Mengen von ausfällbarem Eiweiß von starker Giftigkeit. Die Dosis letalis ist für Mäuse etwa 10 mg. Eine gute Urtica urens-Tinktur sollte etwa 20 FD. pro ccm enthalten. Hinsichtlich der Erhaltung der Fermente in Zubereitungen aus Urtica wurde festgestellt, daß im „Teep“-Präparat die Peroxydase besser erhalten war als in der homöopathischen Urtinktur.

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Gegen Verstopfung, Kolikschmerzen, Erkältungen und als harntreibendes Mittel; äußerlich auf Verhärtungen und Warzen.

Litauen: Das Kraut und die Wurzel von Urtica urens als Aufguß gegen Schwindsucht. Das Blätterinfus von Urtica dioica gegen Blutungen, insbesondere der Lungen, die Samentinktur gegen Lebersteine und die Abkochung des Rhizoms äußerlich gegen Kopfschmerzen.

Norwegen: Gegen Asthma, Brustkrankheiten, Husten, Steinkrankheit, Nierenkrankheiten, Gelbsucht, Blutungen und Keuchhusten; äußerlich gegen Hautjucken und auf Wunden.

Polen: Als Blutreinigungsmittel und gegen Haarausfall.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Urtica ist indiziert bei ursächlich mit uratischer Diathese zusammenhängenden Überempfindlichkeitserscheinungen der Haut, Muskeln und Gelenke. Urtica urens und U. dioica werden bei der praktischen Anwendung nicht scharf getrennt. Die Indikationen sind recht vielseitig, Urtica ist häufig erprobt worden gegen Rheumatismus der Muskeln und Gelenke (auch das alte Volksmittel, mit Brennesseln die erkrankten Glieder zu peitschen, ist noch im Gebrauch), Arthritis urica, auch deformans, Harnsäure-Diathese, Hydrops, auch Aszites und Anasarka (Hannig gab bei schwerem Hydrops mit Herzaffektionen den Tee – halbstündlich 1 Teelöffel, nach drei Tagen 2 Teelöffel, ansteigend bis zu 2 Eßlöffeln und dann wieder fallend – gleichzeitig mit Essentia aurea und später Solidago), träger Diurese mit Harnverhaltung, Entzündungen der Harnorgane wie Nephritis und Cystopyelitis, Nieren- und Harngrieß und Nephrolithiasis.

Sehr beliebt ist auch die Verordnung bei juckenden Dermatopathien, insbesondere allergischer Urtikaria und Quaddelausschlägen. Bei akuter Urtikaria verordnet Pöller, Gevelsberg, Urtica D 2, 20 Tropfen in 1/2 Liter Wasser schluckweise in 4-6 Stunden zu trinken, dazu einstündlich 1 Messerspitze Mercur. dulc. D 3. Als gutes Blutreinigungsmittel und Antidyskratikum wird Urtica jedoch auch bei anderen Exanthemen, Ekzemen (nässenden Stellen hinter den Ohren bei Kindern), Neigung zur Geschwürsbildung (Magen, Darm, Mund, Lippen), Drüsenleiden, auch Achseldrüsenentzündung, Bleichsucht und Blutarmut (hier wird das Trinken des Rohsaftes besonders empfohlen, der verbessernd auf das Blutbild wirkt) angewandt.

Als Galaktagogum wird Urtica in größeren Dosen verordnet, während es in geringen Gaben gegen Galaktorrhöe gebraucht wird.

Weiter wirkt Urtica bei Leber- und Gallenleiden, Milztumoren, Hämorrhoiden, habitueller Obstipation, Verschleimung des Magens, bei Magenkrämpfen, Vomitus, Dyspepsie und Diabetes mellitus.

Lungentuberkulose, Hämoptoe, Verschleimung der Atmungsorgane sind sehr beachtliche Indikationen.

Schließlich wird Urtica noch vielfach als Haarwuchsmittel (innerlich und äußerlich angewandt), gegen Haarausfall und Kopfschuppen gelobt, und zwar ist hier besonders die Anwendung des Brennesselessigs beliebt. Nach Köhler, Krummhübel, bewährte sich das Mittel auch bei Kopfhautschmerzen, während Raabe den Brennesselsaft peroral und lokal gegen Ergrauen der Haare gibt.

Bei Kombustionen des 1. Grades bringen Umschläge mit der Tinktur Linderung.

Bei der großen Anzahl der verschiedenen Indikationen können einheitliche Wechselmittel nicht genannt werden.

Angewandter Pflanzenteil:

Hippokrates erwähnt Samen und Kraut als verwendet.

Die hl. Hildegard spricht vom Kraut.

Blätter, Blumen und Wurzel führt Matthiolus in ihrer Wirkung an.

Paracelsus läßt den Saft von Wurzel und Kraut verwenden.

Osiander nennt die Verwendung von Samen und Saft neben der Verwendung der frischen Pflanze zu äußerlichem Gebrauch.

Nach Wasicky wird das Kraut verwendet und nach Bohn Kraut und Wurzel.

Schulz spricht vom Saft.

Auch Künzle berichtet von der Verwendung des Krautes.

Thoms nennt das Kraut, die Samen und die Wurzel.

Nach dem HAB. ist von Urtica urens die frische blühende Pflanze ohne Wurzel und von U. dioica das frische Kraut zu verwenden (§ 1).

In der Homöopathie wird, wenn Urtica verordnet wird, die Zubereitung aus der Kleinen Brennessel, Urtica urens, abgegeben.

Zur Gewinnung des „Teep“ werden frische blühende Pflanzen mit Wurzel beider Arten genommen.

Sammelzeit: Mai bzw. Juli bis Herbst.

Dosierung:

Übliche Dosis:

100-125 g des Saftes (Leclerc);

2-4 Teelöffel des Fluidextraktes (Leclerc);

3-4 Teelöffel (= 4,8 g) des Krautes zum heißen Infus täglich.

1 Teelöffel voll der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt.)

In der Homöopathie:

Ø bis dil. D 1.

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Bei Gicht, Rheuma und Agalaktie:

Rp.:

Hb. Urticae conc. 30 (= Brennesselkraut)

D.s.: 3 Teelöffel voll mit 2 Glas Wasser heiß ansetzen, 10 Minuten ziehen lassen und tagsüber trinken.

Preis nach Arzneitaxe 10 g -.05 RM.

Bei Rheuma (nach Tschirner):

Rp.:

Fol. Urticae (= Brennesselblätter)

Fol. Betulae (= Birkenblätter)

Flor. Tiliae (= Lindenblüten)

Flor. Sambuci aa 25 (= Holunderblüten)

M.f. species.

D.s.: 3 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.

Rezepturpreis ad chart. etwa -.91 RM.

Bei Haarausfall (nach Dinand):

Rp.:

Hb. Urticae subt. conc. 100

D.s.: Mit 1/2 1 Wasser und 1/2 1 Essig 1/2 Stunde kochen lassen. Vor dem Schlafengehen den Kopf damit waschen.

Bei Nierengrieß (nach Tschirner):

Rp.:

Hb. Urticae (= Brennesselkraut)

Hb. Equiseti (= Schachtelhalmkraut)

Hb. Millefolii aa 30 (= Schafgarbenkraut)

M.f. species.

D.s.: 4 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.

Rezepturpreis ad chart. etwa -.72 RM.

Bei Hämorrhagien (nach Wittlich):

Rp.:

Hb. Urticae (= Brennesselkraut)

Stip. Visci albi (= Mistelstengel)

Hb. Bursae pastoris aa 30 (= Hirtentäschelkraut)

M.f. species.

D.s.: 2 Teelöffel voll auf 1 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.

Rezepturpreis ad chart. etwa -.72 RM.

Zur Frühjahrskur (nach Kroeber):

Rp.:

Fol. Urticae (= Brennesselblätter)

Flor. Sambuci (= Holunderblüten)

Flor. Pruni spinosae aa 20 (= Schlehenblüten)

Fol. Betulae 40 (= Birkenblätter)

M.f. species.

D.s.: Zum Dekokt. Morgens und abends 2 Tassen warm trinken.

Zubereitungsvorschlag des Verfassers: 3 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.

Rezepturpreis ad chart. etwa -.87 RM.

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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938

Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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