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Hundertjährige Aloë, Amaryllidaceae.

Name:

Agave americana L. (A. ramosa Moench, = A. europaea Vis., = A. Milleri Hav., = A. virginica Mill.). Amerikanische Agave, Hundertjährige Aloë. Englisch: American Aloe, century plant; italienisch: Pitta, Agave, Aloë florentina; dänisch: den 100aarige Aloë; litauisch: Agava; polnisch: Agawa, stuletni Aloes; russisch: Agawa; tschechisch: Agave americká.

Verbreitungsgebiet

Im Mittelmeergebiet eingebürgert.

Namensursprung:

Agave wird vom griechischen άγαω (augaúo) bewundern, άγας (agauos) bewundernswert abgeleitet.

Botanisches:

Die aus Mexiko stammende ausdauernde Pflanze hat sich im Mittelmeergebiet vollständig eingebürgert. Aus einer dicken, fleischigen Grundachse treibt sie eine grundständige Blattrosette von etwa 30-40-60 lanzettlichen, steifen, dickfleischigen blaugrünen Blättern, die 1-1 1/2 m lang und 15-25 cm breit, am Rande stachelig gezähnt und mit einem starken, bis über 5 cm langen Endstachel versehen sind. Jährlich werden nur zwei bis acht Blätter ausgebildet. Umso auffälliger ist dagegen die rapide Blütenentwicklung. Mit 15 Jahren treibt die Agave americana in wenigen Wochen ihren ersten und einzigen 7-8 m hohen kandelaberartigen, vorwiegend nachts wachsenden Blütenstand mit 5-7000 wohlriechenden Blüten, um dann – trotz ihres Namens: „Hundertjährige Aloë“ – nach der Blüte abzusterben. Sie vermehrt sich auch vegetativ durch Wurzelsprosse.

Geschichtliches und Allgemeines:

Die Agave americana stammt aus Mexiko und wurde 1561 zum ersten Male nach Europa gebracht. In Mexiko wird aus dem in der Pflanze reichlich vorhandenen Saft (eine Pflanze kann täglich 5 l liefern) die sogennannte Pulque, das Nationalgetränk der Mexikaner, gewonnen. Ganz besonderer Beliebtheit erfreut sich in Mexiko die verwandte Species, Agave atrovirens. So baut der Mexikaner aus ihren Blättern seine Hütte, benutzt sie im getrockneten Zustande zur Feuerung, während ihm ein erwärmtes fleischiges Blatt als ausgezeichneter Umschlag bei Mensch und Tier dient. Die Fasern der Pflanze werden zu Stoffen verwebt. Außer dem Saft, der als Pulque getrunken wird, werden auch die Blätter und Wurzeln als Nahrungsmittel verwendet. Die erste Erwähnung des Gebrauches der Agave durch die Weißen findet sich in Cortez‘ Briefen an den König von Spanien, in denen er schreibt, daß er die Soldaten gegen Blutarmut und Skorbut mit Agavensaft behandelt habe. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß in den Anbaugebieten der Pflanze die Eingeborenen auffällig frei von Magen- und Nierenkrankheiten, Diabetes usw. sind. Die Frage, ob dies evtl. auf die Wirkung des Agavensaftes zurückzuführen ist, wäre noch zu prüfen.

Wirkung

Die Südamerikaner schätzen die Agavenblätter als Diuretikum, eine in der Rindenschicht der Blätter enthaltene hautrötende Substanz als Rheumamittel und Insektizidum und die Wurzel als Antisyphilitikum.

Es ist anzunehmen, daß die Schilderung, die Matthiolus von der „Aloe America, sive Spinosa“ gibt, sich auf Agave bezieht. Er rühmt dabei den Saft der Blätter als Wundheil- und Geschwürmittel, den Rauch (wohl Bähungen) der Pflanze als starkes Diaphoretikum bei der „Frantzosen“-Krankheit.

In Hufelands Journal findet sich eine Mitteilung von Zugenbühler-Glarus, der „wirklich viel Besserung“ durch Agave bei venerischem Knochenschmerz sah.

Eine Verwandte, die Agave atrovirens, steht bei den Eingeborenen Zentralmexikos als Nierenmittel in hohem Ansehen; diese antinephritische Wirkung konnte experimentell bestätigt werden.

Nach Clarke wird Agave americana gegen Gonorrhöe, Hydrophobie, Skorbut und Stomakace angewandt.

Auch Heinigke berichtet von 11 Fällen von Skorbut mit geschwollenem und blutendem Zahnfleisch, kleinem und schwachem Puls, geringem Appetit, Verstopfung, geschwollenen und schmerzhaften und mit dunklen, purpurroten Flecken bedeckten Beinen, die durch Agave schnell geheilt wurden. Die vorherige Anwendung von Zitronensaft war erfolglos geblieben.

Der Saft der Blätter von Agave americana enthält u. a. ein fibrinpeptonisierendes Enzym, nach älteren Untersuchungen apfelsaure Salze und ein scharfes ätherisches Öl.

Die Wurzel ist saponinhaltig. Ich fand in der homöopathischen Urtinktur einen hämolytischen Index von 1:1200.

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Litauen: Der frische Saft zu Einreibungen bei Rheumatismus.

Polen: Rheumatismus (äußerlich).

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Agave americana ist bei Gonorrhöe mit schmerzhaften Erektionen und bei Syphilis als Unterstützungsmittel neben der sonstigen Behandlung indiziert, wie überhaupt alle Saponinpflanzen hierzu geeignet sind.

Gelegentlich findet das Mittel Anwendung bei Leberleiden, Hämorrhoiden und zur Magen- und Darmreinigung (hier gern in Verbindung mit Absinthium).

Auch Skorbut, Abzehrung nach Lungenleiden und venöse Stauungen in den Beinen sollen günstig davon beeinflußt werden.

Bei Gonorrhöe wird als Wechselmittel Lupulinum empfohlen.

Angewandter Pflanzenteil:

Da sich in der Literatur neben der Verwendung der Blätter auch öfters Hinweise auf die saponinhaltige Wurzel finden, empfehle ich zur Herstellung der Arzneimittel die frischen Blätter und Wurzeln, aus denen auch das „Teep“ hergestellt wird. Homöopathische Urtinktur nach dem HAB.: Frische Blätter (§ 2).

Dosierung:

Übliche Dosis:

2 Messerspitzen des Pulvers (Dinand);

2-4 g des Fluidextraktes täglich (Ewald).

2 Tabletten der Frischpflanzenverreibung „Teep“ drei- bis viermal täglich.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Fol. et Rad.)

In der Homöopathie:

dil. D 2-3, dreimal täglich 10 Tropfen.

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Bei Gelbsucht, Magen- und Leberleiden (nach Dinand):

Rp.:

Fol. Agave americanae pulv. 10 (= Gepulverte Agavenblätter)
D.s.: Zweimal täglich 1 Messerspitze in Pflaumenmus nehmen.

Als Stomachikum und Diuretikum:

Rp.:

Hb. Absinthii 30 (= Wermutkraut)
Fol. Agave americanae 30 (= Agavenblätter)
D.s.: 1/2 Teelöffel auf 1 Glas Wasser
vgl. Zubereitung von Teemischungen
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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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