Inhalt
Bücher und mehr
Hier können Sie uns unterstützen:

Spende

Birke, Betulaceae.

Name:

Bétula verrucósa Ehrh. (= Betula pendula Roth, = Betula alba L., ex parte, = Betula lobulata Kanitz, = Betula rhombifolia Tausch, = Betula major gilib.). Rauh-Birke, Weiß-, Hänge-, Harz- oder Gemeine Birke. Französisch: Bouleau, Bouleau verruqueux, B. commun, bouillard, bois à balais; englisch: birch; italienisch: Bula, betulla bianca, bedollo, bidillo, beola; dänisch: Birk; litauisch: Beržas; norwegisch: Bjerk; polnisch: Brzoza; russisch: Bierioza; tschechisch: Bříza bilá; ungarisch: Nyirfa.

© Gisa, Birke

© Gisa, Birkenstamm

© Gisa, Birke

© Gisa, Birke

Verbreitungsgebiet

Weiteres Vorkommen: Gemäßigtes Asien östlich bis Japan.

Wiki: Hauptvorkommen ist in den borealen Nadelmischwäldern Sibiriens und Skandinaviens auf nährstoffarmen, trockenen Sandböden mit Kiefer und Eiche. Die Hänge-Birke kommt in ganz Europa, mit Ausnahme von Nordskandinavien, in Nordamerika und Asien vor. Ihr Verbreitungsgebiet reicht im Osten bis zum Jenissei, Altaigebirge, Kaukasus und Nordpersien. In den Südalpen steigt sie bis auf 1900 m ü. NN.

Namensursprung:

Betula ist der Name der Birke bei den Römern, vielleicht gallischen Ursprungs, da Plinius von der Birke als „gallica arbor“ spricht. Der Name Birke ist in allen germanischen Sprachen weit verbreitet (althochdeutsch: bircha, biriha, angelsächsisch: beore, altnordisch: bjork). Der Name kommt nach Graßmann schon in dem altindischen bhûrgá-s vor für eine Art Birke, deren Rinde als Schreibmaterial benutzt wurde, und erscheint im litauischen berzas (vgl. oben) in gleicher Bedeutung wieder. Der Name stammt vermutlich aus der altindischen Wurzel bharg‘ (wovon bhargás = strahlender Glanz und bhrâg‘ = glänzen, hell sein kommt), zu der das gotische bairht-s (= hell) zu stellen ist, da der Baum nach seiner weißen leuchtenden Rinde benannt ist. So heißt z. B. die Birke im Altindischen auch citratvac, d. h. die mit hellstrahlender Rinde versehene. Verrucosa = warzig.

Botanisches:

Die Gemeine Birke ist ein bis 30 m hoher Baum mit schneeweißer Rinde, die sich in horizontalen Streifen abschält und sich bald in eine schwarze, steinharte Borke verwandelt. Zweige zuletzt meistens hängend. Junge Zweige ziemlich dicht mit warzigen Harzdrüsen besetzt, außerdem kahl. Die alten Zweige kahl, oft drüsenlos. Laubblätter aus breit-keilförmigem Grunde dreieckig-rhombisch, mit nicht abgerundeten Seitenecken, dünn, etwas klebrig, oben lebhaft, unten heller grün, scharf doppelt gesägt, 4-7 cm lang und 2,5 bis 4 cm breit. – Männliche Kätzchen sitzend, länglich-walzenförmig, hängend, bis 10 cm lang. Weibliche Kätzchen gestielt, zylindrisch, ausgewachsen 2 bis 4 cm lang und 8 bis 10 mm dick, dichtblütig, zuerst gelbgrün, später hellbraun. Fruchtschuppen bräunlich, behaart oder kahl. Mittellappen klein, kurz, dreieckig, kürzer als die breiten, stets zurückgebogenen Seitenlappen. Fruchtflügel halboval, zwei- bis dreimal so breit als die Frucht. Blütezeit: April bis Mai, – B. verrucosa ist in Nord- und Mitteleuropa verbreitet und geht bis nach Nordasien. Im südlichen Europa kommt sie nur in den Gebirgen vor. In Laub- und Nadelwäldern, an trockenen Stellen ist sie häufig, an Waldrändern, trockenen Mooren, an buschigen Abhängen, auf Heidewiesen, auf torfigem oder trockenem Sandboden, an steilen Hängen, auf Dünen. Sie ist ein Baum, der an Klima und Boden sehr geringe Anforderungen stellt und gegen Frost und Dürre vollkommen unempfindlich ist. Sie wächst gern auf eisenhaltigem Boden.

Geschichtliches und Allgemeines:

Die Birke ist wahrscheinlich schon in der Urheimat der Indogermanen vorgekommen, da wir den Namen im Sanskrit und außer bei den germanischen auch bei den slawischen Völkern antreffen. Bei den alten Griechen und Römern scheint sie dagegen fast unbekannt gewesen zu sein, nur Plinius erwähnt sie einmal flüchtig. In Europa führt man den Birkenkult darauf zurück, daß die Birke und die Espe die ältesten postglazialen Bäume Nordeuropas waren. Sie lieferte den germanischen Schönheits- und Stärketrank. Im deutschen Volksglauben ist sie der Frühlingsbaum, an den sich viele Volkssitten, z. B. das Maibaumstecken, knüpfen. Aber auch als hexenabwehrendes und als Erziehungsmittel wurde sie immer angewandt, so weihten die Druiden ihre Schüler mit einem Birkenzweig und Tau. Daher kommt auch der in Frankreich übliche Name „arbre de la sagesse“. Nach van Helmont ist der Birkensaft ein ausgezeichnetes Mittel für Lithiasis der Nieren, auch erwähnt er ganz ernsthaft, daß die Birke Zauberkräfte besitze. Ein Schulmittel der Landbader gegen den Brand und fressenden Krebs war grünes Birkenlaub, das man klein machte und drei Wochen in Weißbier gären ließ. Birkenlaubwasser diente auch zu kühlenden Umschlägen. Das Übertragen von Krankheiten auf Bäume, ein in der Sympathieheilmedizin gern gebrauchtes Mittel, wird auch bei der Birke geübt. Gichtkranke in der vorderen Eifel müssen vor Sonnenaufgang schweigend zu einer Birke gehen, sie schütteln und sprechen:

„Birkenbaum, ich schüttle dich,

77erlei Gichten quälen mich,

Solang sollen sie in dir sein verbunden,

Bis meine 77erlei Gichten verschwunden.“

Bei den slawischen Völkern wird die Birke sehr häufig als Heilmittel verwendet. So werden in Rußland die Blätter bei Rheumatismus, Schnittwunden und Hautausschlägen gebraucht. Innerlich wird der Birkenspiritus gegen Fieber, Brust- und Magenleiden verwendet Aus der weißen, lederartigen Korkschicht wird der Birkenteer und durch Destillation das Birkenöl, Juchtenöl, Döggut gewonnen. Man schneidet oder bohrt im März oder April bis Anfang Mai die Birken an und fängt den ausfließenden Saft in Gefäße auf. Nach Veleslavín (1596) ist der beste Saft der, den man Anfang Mai gewonnen hat. Diesen Saft läßt man entweder gären oder versetzt ihn auch unvergoren mit Zimt und Gewürznelken (eine gewisse Gärung ist nach meiner Meinung nicht zu verhindern). Der Saft wird äußerlich zur Beseitigung der Sommersprossen und sonstiger Gesichtsflecke angewandt. Weiter soll er auch Mundausschläge, Pocken und rote Augen heilen. Der Birkensaft wird getrunken bei Hämorrhoiden und inneren Erkrankungen, Blasensteinen, Wassersucht und Würmern. Der Birkensaft liefert durch Gärung ein schaumweinähnliches Getränk, den sogenannten Birkenwein. 50 Stämme von etwa 47-52 cm Durchmesser liefern in vier Tagen 175 kg Saft. Die Blätter von Betula nana werden gegen Diabetes angewendet.

Wirkung

Die hl. Hildegard kannte nur die Birken rinde als Wundverschlußmittel,

Lonicerus und Bock betonen die Heilwirkung des Birken saftes bei Steinleiden und Gelbsucht, äußerlich gegen Mundfäule und Hautflecken. Allerdings weist Lonicerus darauf hin, daß auch dem aus Birkenlaub gebrannten Wasser die gleiche Wirkung zukomme.

Den Birkensaft empfiehlt Matthiolus auch gegen Wassersucht, äußerlich zur Wundheilung. Wie er berichtet, wurde der Blätterabsud als Bad gegen die Räude benützt.

Ebenso nennt Weinmann den Birkensaft „ein herrliches Mittel wider die Gelb- und Wassersucht, Gicht, Scharbock, Melancholey, Krätze und Unreinigkeit der Haut, sonderlich aber gegen den Nieren- und Blasenstein“. Außerdem berichtet er von 2 Patienten, die sich in ihrem Beruf Verkrümmungen der Hände zugezogen hatten, so daß diese vollkommen gebrauchsunfähig waren. Durch Verordnung von Birkensaft zeigte sich Besserung bei gleichzeitigem starken Hautausschlag.

v. Haller nennt gleichfalls den Saft, dem er schweiß- und harntreibende Wirkung zuschreibt und den er bei chronischen Krankheiten, die auf „Zähigkeit der Säfte und Verstopfung der Gefäße“ beruhen, verordnet, wie bei Wasser- und Gelbsucht, Nieren- und Blasensteinen, Harnzwang und Brennen.

Krankheiten der Harnwege, Steinbeschwerden, Skorbut, Krätze und Askariden sind die von Hecker für den Birkensaft angeführten Indikationen, während er von den Blättern nichts zu berichten weiß.

Dagegen nennt Osiander Birkenlaub und -reiser als Volksmittel gegen Wassersucht und Rheuma, eine Anwendung, die noch heute im Volke gebräuchlich ist.

Ausführliche Angaben über den Gebrauch in der russischen Volksmedizin bringt W. Demitsch wie folgt:

„Eine Tinktur aus den Birkenknospen wird in Kleinrußland bei Fieber getrunken (M. Bulgakow, Medicinisch-topographische Beschreibung der Kreise Tschernigow, Gorodnja und Sossnitza. Militär-Medic. Journal 1827, Teil IX, Nr. 2). – S. Parpura (De remediorum domesticorum usu atque praestantia. Diss. Mosquae 1830, S. 12) zählt den Succus Betulae zu den Purgantien. – Die Esten nehmen mehrmals des Tages einen Eßlöffel voll von den gepulverten Birkenkohlen mit Branntwein angefeuchtet bei Ruhrepidemien ein. Bei Schnittwunden gebrauchen sie dieselben als blutstillendes Mittel (J. W. L. v. Luce. Heilmittel der Esten auf der Insel Ösel. Pernau 1829, S. 75-76). – Der Redakteur des „Gesundheitsfreund“ wandte mit Erfolg die trockenen Blätter der Birkenruten zu warmen Bädern bei syphilitischen Schmerzen an (Gesundheitsfreund 1834, Nr. 2, S. 14). – Birkenlaub als Volksmittel gegen Wassersucht wurde in der Medic. Zeitung Rußlands (1834, Nr. 5, S. 39) beschrieben: „Meist wirkt das Einhüllen mit Birkenlaub sehr wohltätig auf die Anregung der Hauttätigkeit, und es fehlt nicht an Belegen für die Wirksamkeit bei allgemeiner Wassersucht, wenn dieselbe nicht Folge von wesentlichen materiellen Störungen innerer edler Organe war“ heißt es da. – Nach Krebel (Volksmedicin und Volksmittel verschiedener Völkerstämme Rußlands. Skizzen. Leipzig und Heidelberg 1858) wird ein Tee von Betula alba bei Fieber, ein Aufguß von den Birkenknospen bei Husten und Bauchschmerzen getrunken. – In vielen Provinzen Rußlands benutzt man diesen Aufguß zu Umschlägen bei Wunden (W. Dahl, über Volksheilmittel. Journal d. Minist. d. Innern 1843, Teil III). – Am Flusse Argun ist eine Spiritustinktur der Gemmae Betulae albae et dahuricae ein allgemein gebräuchliches Mittel gegen Intermittens (N. Taratschkow, Aus den Reisenotizen bei botanischen Exkursionen im Gouvernement Woronesch. Woroneshiskaja Besjeda, herausgegeben von M. De Pulé. St. Petersburg 1861, S. 126). – Im Gouvernement Kiew dient ein spirituöser Auszug der Birkenknospen als Adstringens (T. Werschbizki, Pflanzen, die als arzneiliche vom Volke der hiesigen Gegend gebraucht werden. Kiewsche Gouvernements-Zeitung 1867). – Im Gouvernement Twer bereitet man aus denselben mit Hanföl und Wachs ein Pflaster, welches auf eiternde Wunden gelegt wird (K. Puparew, Volkstümliche Pflanzennamen im Gouvernement Twer, ges. im Jahre 1868, mit Hinweisung auf die Krankheiten, gegen die sie vom Volke gebraucht werden. Twersche Gouvernements-Zeitung 1869). – Im Gouvernement Grodno nimmt man ein Infus der Knospen als Fiebermittel (Russkij Wjestnik 1876, S. 563). – Dasselbe gilt auch im Gouvernement Perm für ein gutes äußeres Mittel bei Schnittwunden und wird innerlich bei Magen- und Brustleiden gebraucht (P. Krilow, Als Volksheilmittel gebräuchliche Pflanzen im Gouvernement Perm. Arbeiten der Naturforscher-Gesellschaft bei der Universität Kasan. Bd. V, Heft II, Kasan 1876, S. 27). – Im Gouvernement Mohilew trinkt man eine Birkentinktur bei Magenschmerzen. Die frischen Blätter verwendet man zu Umschlägen bei rheumatischen Schmerzen (Tscholowski, Entwurf der Flora des Gouvernements Mohilew in Dembowetzkis „Versuch einer Beschreibung des Gouvernements Mohilew“. Mohilew 1882, S. 396-414). – Nach Romanowski (Anti-Cholera-Volksmittel. Wratsch 1885, Nr. 23) wird ein Aufguß von Birkenknospen fast überall bei Cholera und Magendarmkrankheiten spitzgläschenweise eingenommen. – Der Succus Betulae recens wird im Frühling vielfach getrunken: er soll diuretisch und antiskorbutisch wirken. Der Birkenteer wird äußerlich zur Behandlung von verschiedenen Hautausschlägen benutzt (Russisches Volksmittel-Kräuterbuch. Zusammengestellt von W. Goretzki und Wiljk 1885. Beilage zum 2. Teil, S. XXXIII). – In der Ukraine wird der Birkenknospenaufguß äußerlich bei Wunden und Rheumatismus, innerlich bei Schlucksen und Spasmen angewandt (K. S. Gornitzki, Bemerkungen über einige wildwachsende und angebaute Pflanzen der Ukraine-Flora, die als Volksheilmittel im Gebrauche sind. Charkow 1887, S. 34). – Im Gouvernement Witebsk trinkt man einen aus Birkenknospen bereiteten Schnaps als Stomachikum sowie bei Lungen- und Herzkrankheiten. Äußerlich wendet man ihn vielfach bei Schnittwunden an (A. Antonow, über die wildwachsenden Pflanzen des Gouvernements Witebsk, welche von der Landbevölkerung als Heilmittel gebraucht werden. Witebsk 1888, S. 7).“

Dostál stellte mir über die Anwendung in der tschechischen Volksmedizin folgende Übersicht zusammen:

„Veleslavín (1) empfiehlt das Birkenwasser (den Saft) gegen Blasensteine, Nierenerkrankungen und Wassersucht. Der beste Saft soll der sein, den man anfangs Mai gewinnt, und mit dem man Wunden, Pocken, rote Augen heilt und Würmer vertreibt. –

In einem anderen mittelalterlichen Herbarium empfiehlt man, warme gekochte Blätter auf die von giftigen Tieren verursachten Geschwülste aufzulegen. Das Birkenwasser soll man gegen Schwindsucht, Leber- und Milzerkrankungen trinken. Gegen Herz- und Lungenleiden, Gelbsucht, Nieren- und Blasenkrankheiten und Steinbildung trinkt man ein Dekokt aus Birkenwasser, Alant (Inula), Ruta und zwei Teilen Königskraut (Basilikum). 6 Lot dieser Medizin soll man morgens gegen Steinbildung, Krämpfe in den Füßen und Schmerzen im Rücken trinken. Sehr gut ist ferner dieser Aufguß für Altersschwäche, gegen Schlaganfall und Epilepsie. Ferner heilt er alte Wunden und Geschwüre, falls man sie damit wäscht (2). Das Birkenwasser heilt Mundausschläge und Flecken im Gesicht (Haná) (3). Die Birkenblätter werden hie und da auf Geschwülste (4) auf den Kopf bei Kopfschmerzen (5) und auf die müden Füße (6) aufgelegt.

Literatur: (1) Veleslavín, 1596, 41. D.; (2) č. Zibrt, Vavák (čL XVII. 237; (3) Vyhlídal, Malůvky z Hané, 48, 50; (4) Roubal, Rostlinny v lid. podání na Klatovsku (čL XI. 438); (5) čermák (čL I. 608).

Bei chronischer Cystitis, Lithiasis, Intermittens, unterdrückten Fußschweißen wie überhaupt als Diaphoretikum finden Birkenblätter in Deutschland volkstümliche Anwendung, u. a. in Form von Ganzpackungen mit frischen trockenen Blättern.

Bohn ist der Ansicht, daß Fol. Betulae ein „ausgesprochenes Konstitutionsmittel der harnsauren Blutentmischung“ sei und als solches Gicht, Rheuma, schmerzhafte Gelenkanschwellungen, Nierenleiden und Wassersucht günstig beeinflusse; die Diurese könne bei Gebrauch des Blättertees „ganz kolossal“ werden.

Auf die diuretische Wirkung der Birkenblätter, die im wesentlichen auf dem Gehalt an Saponinen beruht, wurde in der wissenschaftlichen Literatur zuerst von Winternitz hingewiesen. Er schreibt: „Die Wirkung des Birkenblättertees ist eine mächtig diuretische. Schon 24 Stunden nach der ersten Einnahme des Mittels beginnt die Diurese zuzunehmen, ohne daß andere unangenehme Erscheinungen zu beobachten wären. Namentlich beachtenswert ist es, daß die Funktionssteigerung der Nieren eintritt, ohne daß sich irgendwelche Reizerscheinungen von seiten des Nierenparenchyms auffällig machten. Der Albumingehalt des Urins, die korpuskulären Elemente werden spärlicher und verschwinden endlich mit dem Albumen zusammen völlig. Ich sah bei meinen Versuchen die Urinmenge von 300-400 auf 2000-2500 ccm steigen und in solcher Menge, solange der Tee gebraucht wurde, ausgeschieden werden. Auch eine länger dauernde Nachwirkung konnte ich in einzelnen Fällen beobachten.“ Von den jüngeren Klinikern tritt E. Meyer sehr energisch für die Anwendung der Birkenblätter als Diuretikum ein. Er schreibt: „Als das beste der pflanzlichen Diuretika möchte ich die Birkenblätter bezeichnen, die sich mir mehrmals bei Nephrosen zur Entwässerung bewährt haben. Bei chronischer Nephritis, bei der man schon öfters dazu neigen dürfte, durch Entwässerung dem Kranken Entlastung zu verschaffen zu suchen, haben sich die Birkenblätter außerordentlich bewährt.“ Er begründet seine Empfehlung an anderer Stelle, indem er sagt: „Sie haben den außerordentlichen Vorteil, daß sie die Nieren nicht reizen und auch bei Nephritis und Ödemen angewendet werden können. Der Tee wird aus 1-2 Eßlöffel auf 1 Tasse Wasser bereitet. Schulz empfiehlt, dem Aufguß eine kleine Messerspitze Natriumkarbonat zuzusetzen. Ich kann bestätigen, daß nach meinen ausgedehnten Beobachtungen die diuretische Wirkung des Aufgusses nach Karbonatzusatz zunimmt.“ Über die Dosierung schreibt er weiter: „Im letzten Jahre bin ich dazu übergegangen, die Blätter pulverisiert in Oblaten zu verabreichen. Ich gebe im allgemeinen 2-3 g mit dem gleichen Erfolge wie beim Tee.“

Troitzky sah Beginn der Zunahme der Harnabsonderung 3 Minuten nach Verabreichung der Birkenblätterinfuse, das Maximum nach einer Stunde; die stärkste Wirkung zeigten kaum aufgesprungene Knospen und kaum entwickelte Blätter, während voll entwickelte Blätter schwächer wirkten.

Vollmer, Breslau, fand dagegen keinen Unterschied in der diuretischen Wirkung bei Anwendung kleiner oder großer Blätter. Er fand die Droge nach einem Jahr Lagerung noch ebenso wirksam. Im allgemeinen bewegte sich die Steigerung der Harnausscheidung zwischen 10-15%, die der Kochsalzausscheidung betrug bis 30%.

Huchard hält die Birkenblätter für ein sehr nützliches Diuretikum, insbesondere bei der Behandlung Gichtkranker. Vgl. auch Beispiel für die Anwendung.

Bei der Prüfung der Frischpflanzenverreibung (Fol. Betulae „Teep“) am Gesunden zeigte es sich, daß der gesunde Mensch nicht einheitlich mit einer gesteigerten Diurese auf Betula reagiert. Von drei Personen hatten nur zwei eine gesteigerte Diurese. Besonders auffällig war die Steigerung nur bei dem Prüfling, der normalerweise eine sehr niedrige Harnausscheidung hatte. Bei ihm stieg die Tagesmenge des Urins von 295 ccm auf 695 ccm. Auch erhöhte sich die Phosphorsäureausscheidung von 0,32 auf 0,69 g, die Chlorausscheidung von 1,9 auf 4,7 g, die Harnsäureausscheidung in mg von 65,6 auf 100,4. Eingenommen wurden 5 Kapseln von Betula „Teep“ 0 zu 0,4 g Betula-Trockensubstanz auf einmal. Bei den anderen Prüflingen mit einer normalen Tagesurinmenge von etwa 700 ccm war nach der gleichen Dosis Betula nur eine unbedeutende Veränderung in bezug auf die Ausscheidung der Inhaltsstoffe des Urins zu erkennen.

Inzwischen ist die harntreibende Wirkung der Betula in vielen Krankenhäusern nachgeprüft worden. Auf Grund verschiedener persönlicher Mitteilungen kann ich als Ergebnis mitteilen, daß nach der Verordnung von Betula „Teep“ D 2 keine diuretische Wirkung zu beobachten ist. Es ist notwendig, mindestens Betula „Teep“ 0 in Kapseln zu geben. Hingegen tritt nach Quecksilbergaben, insbesondere nach Injektionen von Salyrgan, wenn diese ohne diuretische Wirkung geblieben sind, eine starke Harnflut auf, wenn man anschließend Betula auch in geringeren Dosen gibt. In solchem Falle wurde z. B. auch noch nach Verdünnungen, wie Betula „Teep“ D 2, eine Diurese beobachtet.

H. Cremer prüfte mittels der Katheterisiermethode die Wirkung des Preßsaftes aus frischen Blättern an Kaninchen. Er konnte keine diuretische Wirkung feststellen.

Auch ich stellte bei der Verfütterung von Birkenblättern an Meerschweinchen keinen diuretischen Einfluß fest. Hingegen behauptet Wasicky, daß auch im Tierversuch die diuretische Wirkung der Droge nachgewiesen sei.

Im Tierexperiment konnte auch Hildebrandt durch Verabreichung von Birkenblätterinfus eine erhöhte Diurese beobachten. Vgl. darüber auch die Abbildung in dem Kapitel Equisetum arvense. Die Erfahrungen über die diuretische Wirkung im Tierversuch sind demnach nicht einheitlich.

Einen lösenden Einfluß des Birkenblättertees auf Nierensteine stellte Jänicke fest, der durch eine sechsmonatige Trinkkur, die dann nach einmonatiger Pause noch etwa zwei- bis dreimal 4 Wochen lang durchgeführt werden muß, viele Nierensteinleidende geheilt haben will. Allerdings weist J. darauf hin, daß diese Kur eine vorhandene Disposition zur Bildung neuer Steine nicht aufzuheben imstande ist.

Ein Dekokt der Birkenknospen zeigte starke choleretische Wirkung.

Die Rinde verschiedener Betulaarten, darunter diejenige von Betula latifolia Kamarow sind in China schon seit dem 10. Jahrhundert als Huamu-pi u. a. gegen Ikterus, Mammakarzinom und Eiterungen bekannt.

Junge Blätter und Triebe enthalten (meist als mehligen Belag) ein Harz, das den Butylester der Betuloretinsäure darstellt, und dessen Natriumsalz appetitanregend und ohne Koliken abführend wirkt; nach Kosmann wäre es demnach als „laxierendes Tonikum“ zu gebrauchen.

Außerdem ist in den Blättern und Knospen ätherisches Öl enthalten, in letzterem mit 25%igem Gehalt an Betulol (Sesquiterpenalkohol).

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Innerlich gegen Urinsteine, Würmer und Gicht; äußerlich gegen Hautkrankheiten.

Italien: Bei Herzkranken mit Ödemen.

Litauen: Der aus den Knospen bereitete Schnaps bei Appetitlosigkeit, die Ölmazeration der Knospen zu Einreibungen bei Rheumatismus und die jungen, frischen Blätter zu Brustumschlägen.

Norwegen: Das Blätterdekokt als Diuretikum bei Herzleiden, Gicht, Wassersucht usw.

Polen: Als Diuretikum.

Steiermark: Gegen Rheumatismus, Gicht, Malaria und als Wurmmittel.

Ungarn: Bei Brustbeklemmung.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Betula ist ein gutes Diuretikum+), das vorwiegend bei renalem Hydrops, auch Aszites und Anasarka angewendet wird. Diese Indikation wurde auch in der medizinischen Klinik Heidelberg, wie E. G. Schenk in einem Vortrag ausführte, bestätigt gefunden. Die diuretische Wirkung läßt meistens nicht lange auf sich warten und entfaltet sich ohnejegliche Reizerscheinungen. Auch bei Rheumatismus (auch äußerlich, bei subakutem und chronischem Rheumatismus der Gelenke Einhüllung derselben in frische Birkenblätter, die mehrere Tage liegen bleiben, oder Vollbäder mit Absud von frischen Birkenblättern), Arthritis urica, auch Magengicht, Nephropathien (chronischer Nephritis, Nephrolithiasis, Schrumpfniere und nach Bischoff, Berlin, bei Schweißen, die durch Nierenhypofunktion bedingt sind und die Wäsche färben), chronischem Blasenkatarrh oft mit brennendem, wundmachendem Harn, Blasenhalsentzündung und Cholelithiasis wird Betula sehr häufig gegeben. Bei Fußsohlen- und Fersenschmerzen durch Veränderung des Bindegewebes und Bänderentzündung nach Gicht ist nach Weiß, Frankenthal, ein Sirup der Blätter von Nutzen. Rudolph warnt vor zu häufigem Gebrauch, da sich oft Darmträgheit als Folgeerscheinung zeige. Eine Patientin, die bei gesundem Herz und gesunden Nieren ein kleines Knöchelödem und eine gewisse Plethorafülle aufwies, litt an sehr heftiger, kurz vor der Menstruation auftretender Migräne. Durch Betula „Teep“ D 1 konnte sie geheilt werden.

Betula wird auch zu Frühjahrskuren gegen Skorbut und Arteriosklerose verwandt. Wegen seiner ableitenden Wirkung wird das Mittel auch häufig bei Hautkrankheiten (chronischen Exanthemen, Favus, Crusta lactea, Flechten und Krätze) gebraucht und wird hier auch äußerlich zu Waschungen benutzt. Bei chronischen Hautausschlägen soll die frische Rinde als Abkochung oder „Teep“ besser wirken. Als Haarpflegemittel wird besonders eine Mischung des Saftes mit 6 Gewürznelken und verdünnter Arnikatinktur gelobt.

Vorzüglich nennt Wagner die Wirkung des Saftes bei Magen- und Darmkolik, vgl. Rezept. Interesse verdient endlich noch die Mitteilung von Hamberg, nach der in Schweden der Ruß von Birkenholzfeuer gegen Mastdarmvorfall äußerlich mit großem Erfolge aufgetragen wird.

Als Diuretikum wird Betula sehr häufig im Teegemisch, besonders mit Juniperus, Petroselinum, Levisticum, Equisetum u. a. verordnet.

Der Birkenteer, Oleum Rusci, jetzt Pix betulina genannt, wird in Form der Unguentum Wilkinsonii F. M. B. bei Hautleiden angewendet.

+) Beispiel für die Anwendung:

(Nach Huchard, zit. von Leclerc, „Précis de Phytothérapie“ S. 51.)

Der Patient litt an kardiorenaler Insuffizienz und hatte trotz der Digitalisbehandlung nur eine Urinausscheidung von 50 g. Auf die Verordnung von 1 Liter Birkeninfus täglich stieg die Urinmenge am nächsten und den folgenden Tagen auf 1000 g, 1500 g und 2500 g und hielt sich auf der Höhe von 2 Litern unter der Wirkung des Birkenextraktes, der während sechs Tagen zu 0,80-1 g gegeben wurde.

Angewandter Pflanzenteil:

Die hl. Hildegard verwendete die Birkenrinde äußerlich.

Lonicerus, Bock, Matthiolus und v. Haller gebrauchten den Birkensaft, die Blätter wurden von ihnen nur äußerlich verwendet.

Auch Hecker erwähnt nur den Birkensaft.

Osiander kennt die Verwendung des Birkenlaubes und der Birkenreiser in der Volksheilkunde.

Nach Schulz werden in der Volksmedizin die Blätter, daneben auch die Rinde, viel verwendet.

Bohn betont die große Heilkraft der Birkenblätter, nennt auch den Saft als Blutreinigungsmittel.

Leclerc empfiehlt die Blätter.

Zörnig nennt Rinde und Blätter.

Zur Herstellung der Präparate empfehle ich, die frischen, kleinen Blatttriebe und die Rinde zu benutzen. Erstere enthalten ätherisches Öl, letztere Betulin (= Birkenkampfer). Demgemäß wird auch das „Teep“ hergestellt. Homöopathische Urtinktur nach dem HAB.: der durch Anbohren junger kräftiger Birken im Frühjahr gewonnene Saft (§ 1).

Folia Betulae sind in der Schweiz offizinell.

Dosierung:

Übliche Dosis:

4-6 Teelöffel voll der Blätter (= 5,2-7,8 g) zum heißen Infus täglich.

1 Teelöffel voll der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt.)

In der Homöopathie:

Ø-dil. D 1, dreimal täglich 10 Tropfen.

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Als Diuretikum:

Rp.:

Fol. Betulae conc. 50 (= Birkenblätter)
D.s.: 4 Teelöffel voll zum heißen Aufguß mit 2 Glas Wasser, tagsüber trinken.
Es empfiehlt sich, 1 Messerspitze doppeltkohlensaures Natron pro Glas zuzusetzen.

Oder (nach Tager):

Rp.:

Fol. Betulae conc. 20-30 F.
Infus. ad 200 adde
Natr. bicarbon. (zur besseren Lösung der Betuloretinsäure).
D.s.: Zwei- bis dreimal täglich diese Menge trinken.

Kneipps Wassersuchtstee:

Rp.:

Fol. Betulae (= Birkenblätter)
Lign. Sassafras (= Sassafrasholz)
Hb. Rosmarini (= Rosmarinkraut)
Fr. Cynosbati (= Hagebutten)
Hb. Urticae (= Brennesselkraut)
Rad. Sambuci ebuli  aa  10 (= Attichwurzel)
Hb. Equiseti 40 (= Schachtelhalmkraut)
Bacc. Juniperi (= Wacholderbeeren)
Fol. Rutae (= Rautenblätter)
Hb. Trifolii fibrini (= Fieberkleekraut)
Fol. Uvae ursi (= Bärentraubenblätter)
Visci (= Misteln) Ligni Santali  aa  5 (= Sandelholz)
C.m.f. species.
D.s.: 2 Teelöffel auf 2 Glas Wasser
vgl. Zubereitung von Teemischungen

Blasenhalsentzündung (nach H. Meier):

Rp.:

Fol. Bucco 15 (= Buccoblätter)
Fol. Betulae 25 (= Birkenblätter)
Sem. Lini (= Leinsamen)
Fruct. Phaseoli (= Bohnenfrüchte)
Rad. Petroselini (= Petersilienwurzel)
Flor. Tiliae  aa  15 (= Lindenblüten)
C.m.f. species.
D.s.: 1 Eßlöffel mit 1 Schale Wasser 5 Minuten kochen.
Zubereitungsvorschlag des Verfassers: 3 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser
vgl. Zubereitung von Teemischungen

Bei Gicht und Rheuma (nach Kroeber):

Rp.:

Fol. Betulae (= Birkenblätter)
Stip. Dulcamarae (= Bittersüßstengel)
Cort. Frangulae (= Faulbaumrinde)
Lign. Guajaci  aa  20 (= Pockholz)
C.m.f. species.
D.s.: Zum Frühstück 1-2Tassen warm trinken.
Zubereitungsvorschlag des Verfassers: 1 Teelöffel auf 1 Glas Wasser
vgl. Zubereitung von Teemischungen

Zur Frühjahrskur (nach Meyer):

Rp.:

Fol. Rubi fructicosi (= Brombeerblätter)
Fol. Rubi idaei (= Himbeerblätter)
Fol. Ribis nigri (= Schwarze Johannisbeerblätter)
Fol. Betulae  aa  25 (= Birkenblätter)
C.m.f. species.
D.s.: 1-2 Teelöffel mit 1 Tasse Wasser aufgießen, morgens und abends einige Tassen trinken.
Zubereitungsvorschlag des Verfassers: 4 Teelöffel auf 2 Glas Wasser aufgießen
vgl. Zubereitung von Teemischungen

Bei Grieß- und Steinleiden (nach Dinand):

Rp.:

Succi Betulae rec. par. (100) 125
D.s.: Drei- bis viermal täglich 1 Eßlöffel, voll.

Oder (nach Ulrich):

Rp.:

Fol. Betulae (= Birkenblätter)
Hb. Urticae (= Brennesselkraut)
Hb. Millefolii (= Schafgarbenkraut)
Hb. Nasturtii (= Brunnenkressenkraut)
Fruct. Juniperi  aa  20 (= Wacholderbeeren)
C.m.f. species.
D.s.: 1-3 Tassen täglich.

Bei Magen- und Darmkolik (nach Wagner):

Rp.:

Succ. Betulae 50
D.s.: 2 Eßlöffel zum Dekokt mit 1/4 1 Weißwein. Noch warm schluckweise trinken.
_____________________________________
Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

Kommentieren ist momentan nicht möglich.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen