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Engelsüß, Tüpfelfarn, Polypodiaceae.

Name:

Polypódium vulgáre L. Engelsüß, Gemeiner Tüpfelfarn. Französisch: Polypode, Polypode de chêne, Fougère réglisse; englisch: Adder’s fern, Brake-root, golden maidenhair, wall fern, wood fern; italienisch: Felce dolce, Erba radioli; dänisch: Engelsöd; norwegisch: Sisselrot; polnisch: Paprotka słodka; russisch: Sladkij paporotnik; schwedisch: Stensöta; tschechisch: Osladič obecný; ungarisch: édesgyökerü páfrány.

Verbreitungsgebiet

Weiteres Vorkommen: Nord-und Westasien (bis Japan), Nordamerika, Afrika, (Kapland). auf den Azoren, Kanarischen Inseln. Sandwichinseln.

Namensursprung:

Polypodium ist der Name eines Farnes bei Theophrast; πολς (polys) = viel, πος, Genit. ποδς (pus, podos) = Fuß; vielleicht verglich man die Fiedern des Wedels mit Füßchen. Das süß schmeckende Rhizom dieses Farnes wurde früher wegen seiner Heilwirkung so sehr geschätzt, daß es hieß, die Engel hätten diese Pflanze den Menschen gezeigt, daher die Bezeichnung Engelsüß.

Volkstümliche Bezeichnungen:

Engelsoite (Göttingen), Ingelseit (Pommern), Engelseß (Siebenbürgen), Engelsüaß (Niederösterreich), Engelwurz (Kärnten), Angelsüeß (Schweiz: Waldstätten). Von althochdeutsch goumil = Aufseher, Hüter, Schutzengel: Göneichen (Thüringen: Ruhla), Göumlich, Gömichen (Gotha), Höme (Eifel). Soitwertel = Süßwurzel (Göttingen), Süßholz (Rheinprovinz), Süaßholz (österreich, Tirol), Süßwürzli (Schweiz). Nach dem Standorte: Steinlaxe (Nordböhmen), Bergwürzeln (Kärnten: Hüttenberg), Steinwürzl (österreich). Der kriechende Wurzelstock des Farns wird mit einer Schlange (Niederdeutsch: adder, snacke) verglichen: Adderkrud, Snakenbläder (Ostfriesland). (Diese Bezeichnungen gelten jedoch auch für andere Farne, z. B. für Aspidium filix mas.)

Botanisches:

Der federkieldicke, dicht mit braunen, lanzettlichen Spreuhaaren besetzte Wurzelstock kriecht dicht unter oder über der Bodenfläche dahin. Die steif aufrechten, kahlen Blätter werden bis zu 70 cm hoch. Der Blattstiel ist meist kürzer als die tief fiederteilige, lederartige, unterseits etwas hellere Blattfläche. Diese besteht aus jederseits bis zu 28 Abschnitten, die meist miteinander abwechseln, lineal-länglich und meist klein gesägt sind. Die runden Fruchthäufchen sind groß und stehen auf jedem Blattzipfel in zwei dem Mittelnerv desselben parallelen Reihen. Sie sind zuerst dunkelgelb, später braun. Sporenbildung im August und September.

In ganz Europa, in der nördlichen Hälfte Asiens und in Nordamerika ist der Farn heimisch, wo er an Felsen, alten Mauern, an schattigen Abhängen, auf Waldboden und auch zuweilen epiphytisch auf Baumstämmen vorkommt.

Geschichtliches und Allgemeines:

Schon im Altertum waren die heilkräftigen Eigenschaften des Tüpfelfarns den Ärzten bekannt. So schreibt Dioskurides von seiner abführenden, Schleim und Galle ausführenden Wirkung. Auch im Mittelalter bediente man sich seiner als Abführmittel, und Aldebrandin de Sienne empfiehlt als gutes Mittel gegen Obstipation eine aus einem alten Hahn gekochte, mit Anis und Polypodium gewürzte Bouillon. In der chinesischen Pharmakologie wird die verwandte Art Polypodium repandum erwähnt. Das Buch Hong-ti Nei-King sagt, daß diese Droge diuretisch und abführend wirke, als Emmenagogum, aber auch gegen Menorhagien und schließlich gegen Ohrensausen verwandt werden könne.

Wirkung

Von Matthiolus wird der Tüpfelfarn innerlich als Purgans, äußerlich gegen Verrenkungen, Schrunden und Nasenpolypen angewandt.

Auch Lonicerus empfiehlt ihn als Purgiermittel, bei Leibgrimmen, Melancholie, Phlegma, geschwollener Milz, Gicht und Gliederschmerzen und schreibt ihm blutreinigende und herzstärkende Eigenschaften zu.

Diesen Indikationen fügt Bock noch Husten, Keuchhusten, Lungensucht und schwere Träume hinzu.

Nach Hecker sind die wirksamen Bestandteile (öl und Harz) nur in dem Pulver, nicht aber in dem Dekokt oder wäßrigen Auszug vorhanden. Als Pulver gegeben, wirke die Wurzel ähnlich der der Senega vorzüglich gegen Brustbeschwerden. Der vermeintlichen Wirkung bei Psychosen steht er sehr skeptisch gegenüber.

Geiger weist die Annahme zurück, daß die an Eichenstämmen wachsenden Stöcke des Tüpfelfarns die wirksameren wären.

In der heutigen Volksheilkunde ist Polypodium vulgare als Diuretikum und Expektorans im Gebrauch, das sich besonders zur Behandlung der Bronchitis und Tuberkulose eignen soll.

Leclerc hält es für ein gutes Cholagogum, das keinerlei Schmerzerscheinungen hervorruft.

Kroeber kennt außer den schon genannten Indikationen noch die gegen Gelbsucht und Würmer.

Als Inhaltsstoffe werden angegeben Gerbstoff, Weichharz, Schleim, Eiweiß, Stärke, Mannit, Zucker, apfelsaures Calcium, etwa 8% fettes Öl sowie noch der Bestätigung bedürfendes Glycyrrhizin. Von Kroeber wurde für den Engelsüßfluidextrakt eine partielle hämolytische Wirkung (Saponinsubstanzen?) festgestellt. Volmar und Reeb isolierten ein Harz und eine Substanz, welche sie Polydin nannten, und die in der Dosis von 0,15 g 10 Stunden nach der Verabreichung eine deutliche purgierende Wirkung aufwies.

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Gegen Blähungen, den Wurzelextrakt gegen Wechselfieber, Husten, Lungenkrankheiten.

Norwegen: Gegen Magenschmerzen, Verdauungsschwäche und Keuchhusten.

Polen: Gegen Nephritis und Lungenleiden.

Ungarn: Als Purgans, bei Lungenkatarrh und Gicht.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Polypodium vulgare ist ein mildes Cholagogum und Purgans. Auch kann es bei schwereren Lungenerkrankungen in vorsichtigen Dosen versucht werden.

Angewandter Pflanzenteil:

Die alten Kräuterbücher (Matthiolus, Lonicerus und Bock) schreiben dem Wurzelstock, besonders den epiphytisch auf Eichen wachsenden Stöcken, die Wirkung zu. Auch später herrscht volle Einmütigkeit bei den Autoren, daß der Wurzelstock (manche schreiben: Wurzel) zu verwenden ist.

Nach Geiger muß der Wurzelstock jedes Jahr frisch gesammelt werden.

Hecker läßt das Pulver aus der Wurzel gebrauchen, und Leclerc und Geßner empfehlen nur die Abkochung des Rhizoms.

Nach Zörnig kann der Wurzelstock im Frühjahr und Herbst gesammelt werden. Das HAB. erwähnt Polypodium nicht. Das „Teep“ wird aus dem frischen Wurzelstock bereitet.

Sammelzeit: Mai und Oktober.

Dosierung:

Übliche Dosis:

2-4 g des Pulvers (Leclerc);

1-3 g des Fluidextraktes (Leclerc).

2 Tabletten der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Rhiz. Polypodii.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Als Purgans und Cholagogum:

Rp.:

Rhiz. Polypodii conc. 30 (= Wurzelstock vom Engelsüßfarn) D.s.: 3 Teelöffel voll mit 1 Glas Wasser kalt ansetzen, 8 Stunden ziehen lassen, abgießen, den Teerückstand mit 1 Glas kochendem Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen, beide Aufgüsse mischen und tagsüber trinken. Rezepturpreis ad chart. etwa -.57 RM.

Bei chronischer Obstipation mit Leberstörungen (nach Leclerc):

Rp.:

Rhiz. Polypodii conc. 20 (= Wurzelstock vom Engelsüßfarn) Rad. Liquiritiae conc. 10 (= Süßholzwurzel) Rad. Angelicae conc. 5 (= Wurzel von Engelwurz) D.s.: Man läßt das Engelsüß 1/4 Stunde mit 200 g Wasser (etwa 2 Tassen) kochen, fügt dann die Engelwurz und das Süßholz hinzu,läßt 12 Stunden ziehen und süßt mit 1 Löffel Honig. Morgens nüchtern trinken.

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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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